Wuschel, Paul und Stalin - Kaninchennamen verraten vieles

Mainz (dpa) - Klar, Klopfer ist der Renner. Spätestens seit Disney das vorlaute Kaninchen in seinem traurig-schönen Klassiker „Bambi“ zum heimlichen Star erkor, dürfte der Name des Mümmelmanns auch bei Kaninchenhaltern beliebt sein.

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Doch was, wenn der Klassiker dann doch etwas langweilig erscheint?

Eine aktuelle Studie an der Uni Mainz zeigt: Der deutsche Kaninchenfan ist in Sachen Namensgebung kreativ. „Es gibt einen Hang zu exklusiven oder sehr individuellen Namen“, sagt Melissa Holzschuh. Als Kind hatte die 27 Jahre alte Germanistin selbst zwei Kaninchen - Romy und Rocky. Heute ist sie Expertin für die gesamte Namenswelt der flauschigen Tierchen. Für ihre Studie hat sie fast 1000 von Kaninchenbesitzern ausgefüllte Fragebögen analysiert. Erkenntnisse über Hunde- oder Katzennamen gab es zuvor schon. Warum Kleintiere heißen wie sie heißen, sei hingegen kaum erforscht gewesen, sagt Holzschuh.

Kaninchenfreunde lassen sich laut der Untersuchung recht häufig vom Aussehen oder vom Verhalten ihres Tieres zu einem bestimmten Namen verleiten. Die Langohren heißen dann Hoppel, Mümmel oder Puschel. Bei besonders kratzbürstigen Kaninchen kommen auch schon mal historische Schreckensfiguren ins Spiel. „Es gab auch zwei Kaninchen, die „Adolf“ und „Stalin“ hießen - von unterschiedlichen Besitzern. In beiden Fällen war die Begründung, dass die Tiere einen bösen Charakter hätten. Sie seien bissig“, sagt Holzschuh.

Andere tauften die Tierchen nach Lust und Laune - mit Namen, die sie irgendwo aufgeschnappt und für gut befunden hatten. Etwa Frodo aus „Herr der Ringe“ oder Merci aus der Schokoladen-Werbung. Gleichzeitig zeigte sich, dass die Trends bei menschlichen Vornamen auch bei Kaninchen ankommen. Unter die fünf häufigsten Namen schafften es bei der Studie Lilli, Paul und Max. Die anderen lauten Luna und Krümel.

Für die Namensforscher bestätigt das eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung. „Die Tiere rücken immer näher an den Menschen ran, das schlägt sich auch in ihren Namen nieder“, sagt die Mainzer Uni-Professorin Damaris Nübling. Dass Haustiere vermenschlicht würden, sei seit Jahren zu beobachten. „Der Anteil der menschlichen Namen bei Hunden hat sich zum Beispiel in den vergangenen 110 Jahren etwa verdreifacht. Namen wie Waldi, Bello, Lumpi oder Rex sind hingegen fast ausgestorben“, sagte die Expertin für historische Sprachwissenschaft.

Die Grenzen zwischen Tier und Mensch verschwimmen. Etwa, wenn die Oma stirbt und dafür die neue Katze Großmutters Namen bekommt. „Dieses Vererben von Namen hat man früher nur bei Kindern gemacht, manchmal kommt das nun auch bei Tieren vor“, sagt Nübling. Weiteres Beispiel: Plötzlich taucht der Hund der Familie als Mittrauernder in Todesanzeigen auf. Oder die Namensgebung geht den umgekehrten Weg. „In Schweden erleben wir bereits, dass Kindern klassische Tiernamen gegeben werden“, sagt Nübling.

Das Thema beschäftigt natürlich auch Tierschützer. Oftmals nehme die Vermenschlichung eines tierischen Mitbewohners extreme Züge an, sagt Peter Höffken von der Tierrechtsorganisation Peta. „Manche tragen ihren kleinen Hund als Kindersatz ständig auf dem Arm - obwohl auch ein kleiner Hund laufen will.“ Auf der anderen Seite würden Tiere ausgeblendet und beispielsweise wegen ihres Fells getötet - auch Kaninchen. „Eine paradoxe Situation.“