Schönheitswettbewerb Züchter stellen Chinesentauben vor
Calbe/Saale (dpa) - Seit seiner Kindheit haben es Hansjoachim Gerber die Tauben angetan. Schon damals interessierte er sich für diese Vögel. Als er 13 oder 14 Jahre alt war, bekam er von einem Züchter ein paar Chinesentauben geschenkt.
Seitdem hatte der Landwirt im Ruhestand immer Tauben.
„Es macht Spaß, mit Tieren umzugehen, sie jeden Tag zu füttern, Verantwortung zu haben. Die Zucht ist ein besonderes Ereignis, die Jungen aufzuziehen“, schwärmt Gerber, der dem bundesweiten Sonderzüchtungsverein für Chinesentauben vorsteht. Am Wochenende (1. bis 3. Dezember) fährt Gerber mit seinen Tauben zur Verbandsschau der Rassetaubenzüchter nach Leipzig.
„Chinesentauben sind sehr zahm und zeigen nur in der Zahmheit ihre Schönheit“, sagt der Fachmann. Die da wären: das geteilte und aufgeplusterte Brustgefieder, die Federbüschel an den Beinen, auch Höschen genannt. Um den Hals haben die Chinesentauben einen Kragen, der bis zum Augenrand reicht und hinten in einer Mähne ausläuft.
Auf dem Gerberschen Grundstück in Calbe gurrt es in den Volieren. Weiße, schwarz-weiße und braun-weiße Tauben buhlen um Aufmerksamkeit. Ein Täuber stolziert auf einem Ast im Kreis umher, will seinen Artgenossen im Schlag zeigen, dass er der Schönste ist. Die Täubinnen im Schlag nebenan lassen sich davon nicht beeindrucken. Jetzt, im Winter, brüten sie nicht. Erst im Frühjahr ziehen die monogamen Tiere wieder zu ihren Partnern.
„Gebrütet wird im Täuberschlag“, verrät Gerber, „die Täubinnen finden ihren Partner sofort wieder.“ Schönheit ist das oberste Zuchtziel. Gerber sucht für seine etwa 60 Zuchttiere jeweils den für sie idealen Partner aus. „Das funktioniert in der Regel sehr gut“, berichtet er. Offenbar hat der Züchter ein gutes Händchen beim Verkuppeln. Dreimal holte er mit seinen Vögeln den deutschen Meistertitel, mehrfach wurden die Tauben als Champions bei Hauptsonderschauen ausgezeichnet.
Die gefiederten Schönheiten wissen nicht, dass sich in diesem Jahr die Taubenzüchterszene für sie besonders interessiert, denn die Chinesentaube wurde zur Rasse des Jahres gekürt. Im Sonderzüchtungsverein Calbe haben sich vor 75 Jahren Freunde der Chinesentaube zusammengeschlossen. Die Chinesentaube selbst wurde erstmals schon vor mehr als 150 Jahren präsentiert. „Mit China haben sie aber rein gar nichts zu tun“, verrät Gerber. „Der exotische Name war einfach ein Verkaufstrick.“
1865 wurden die Vögel mit dem geteilten Gefieder im Brustbereich erstmals nach Deutschland eingeführt. Gezüchtet aus Ägyptischen Mövchen und spanischen Correra Mövchen, suchte der geschäftstüchtige Pariser Taubenhändler Distriveaux nach einem exotischen Namen. Mit dem sollte sich die Taube besser verkaufen lassen. So kam die Rasse zu dem Namen Chinesische Mövchen.
Doch nicht allein wegen ihres Namens erfreut sich die Chinesentaube, wie sie heute heißt, großer Beliebtheit bei den Züchtern. Sie ist leicht zu halten und hat eine schöne Federstruktur. So galt sie schon im ausgehenden 19. Jahrhundert als Liebling der Taubenzüchter.
Der Sonderzüchtungsverein mit Sitz in Calbe hat 120 Mitglieder, 25 von ihnen in Sachsen-Anhalt. Nicht alle kommen aus Deutschland. „Unser Verein hat Mitglieder in Großbritannien, Skandinavien, den Benelux-Ländern, Südosteuropa und Österreich und sogar in den Vereinigten Arabischen Emiraten“, zählt Gerber auf. Über das Internet haben die Mitglieder regen Kontakt, tauschen ihr Wissen aus, besuchen sich und tauschen auch Tiere aus.
Am Wochenende fährt Gerber dann gemeinsam mit anderen Vereinsmitgliedern nach Leipzig zur Verbandsschau der Rassetaubenzüchter. Mehr als 30 000 Tauben werden dort neben anderem Geflügel zu sehen sein. Gut 230 kommen aus Calbe. Zehn davon gehören Hansjoachim Gerber.