Ein neuer Biertempel fürs Oktoberfest
München (dpa) - Am selben Platz feierten Promis wie Boris Becker und Paris Hilton - aber das Hippodrom gibt es nicht mehr. Stattdessen hat das Oktoberfest in München ein neues Bierzelt. Die Wirte wollen keinen Promitempel.
Champagner gibt es trotzdem.
Pink, Orange und Grün - das sind die nicht gerade traditionellen Farben des neuen Bierzeltes Marstall auf dem Oktoberfest (20. September bis 5. Oktober). Chef Siegfried Able wird das allerdings niemals richtig sehen können. „Mein Mann ist farbenblind“, erklärt Wirtin Sabine Able. Deswegen haben sie und die Töchter Vanessa und Verena die Farben ausgesucht - sehr bunt, etwas unbayerisch.
Direkt am Haupteingang zum größten Volksfest der Welt steht schon der Rohbau für die erste neue Bierburg seit Jahrzehnten. Der Platz ist prominent, die Gäste sind es auch: Hier feierten bisher im Hippodrom Boris Becker, Wladimir Klitschko oder Franz Beckenbauer.
Das Hippodrom gehörte neben Kufflers Weinzelt und Käfer's Wiesnschänke zu den Zelten mit der höchsten Promi-Dichte und hatte eine mehr als 100-jährige Tradition. Früher konnten die Gäste innen in einer Manege reiten. Wirt Sepp Krätz verlor nach seiner Verurteilung wegen Steuerhinterziehung jedoch seinen Wiesn-Platz. Ables Chance. Im April bekam er den Zuschlag.
Vieles ähnelt im Marstall dem Vorgänger: Champagnerbar, Tischdecken und erlesene Speisekarte - vom Tartar vom Wagyu-Ochsen über Hendl und bis zum veganen Holzfäller-Tofu-Pflanzerl.
Die Prominenz hat sich auch schon angemeldet. Regine Sixt hat reserviert für ihre traditionelle Damen-Wiesn. An die 1200 Ladys von Verona Pooth und Uschi Glas bis Gloria Fürstin von Thurn und Taxis kamen dazu bisher ins Hippodrom. Über weitere Reservierungen mutmaßlicher Prominenter will Able nichts sagen: Privatsphäre, Datenschutz. Und: Die Familie wolle keinen reinen Promitempel. Sondern: „Bei uns sitzt die Familie neben dem Fernsehstar, und der Handwerker neben Ribéry.“ Man wird sehen.
Das Zelt soll familienfreundlich sein: Hostessen sollen Eltern mit Kindern helfen, einen passenden Platz zu finden - wo es etwas ruhiger ist oder Raum ist für den Kinderwagen.
Nicht durchweg familienfreundlich sind die Reservierungspreise. Für einen Platz abends muss vorab ein Dreigänge-Menü für 45 Euro pro Kopf und ein Verzehrgutschein von 15 Euro gekauft werden. Andere Wirte nehmen um die 30 Euro - der höchste Preis liegt um 80 Euro. Wie immer - das Zelt ist abends längst ausgebucht.
Die anderen Wirte betrachten ihren neuen geschäftstüchtigen Kollegen erst einmal mit Zurückhaltung. In den elitären Kreis der Wiesnwirte ist er noch nicht aufgenommen. Wirtesprecher Toni Roiderer sagte kürzlich, man wolle sich das erst einmal „in Ruhe anschauen“.