Allgäu Eine Kur in Oberstaufen
Das Allgäu lädt zu gesundem Urlaub ein. Frische Luft, Wandern vor dem Panorama der Berge und gutes Essen. Wer mehr für sich und seinen Körper tun will, kann eine Schroth-Kur ausprobieren.
Was ein einziger Buchstabe doch ausmacht. Oberstaufen, ein idyllisch gelegener Ferienort im Allgäu, ist nicht nur bekannt durch die Schönheit seiner Umgebung und die vielfältigen Möglichkeiten, dort zünftig Junggesellenabschiede zu feiern. Oberstaufen ist gleichzeitig auch Deutschlands einziges staatlich anerkanntes Schroth-Heilbad. Und da kommt es entscheidend auf den Buchstaben H an.
Der Fuhrmann Johann Schroth in Niederlindewiesen in Schlesien hatte in den 1820er-Jahren einen Unfall. Ein Pferd hatte ihn getreten und am Knie getroffen. Nasskalte Umschläge brachten ihm Linderung. Schroth beobachtete darüber hinaus auch, dass krankes Vieh die Nahrung verweigert und wenig trinkt, bis es wieder gesund ist. Aus diesen und anderen Erkenntnissen entwickelte der „Naturdoktor“ 1829 die Schroth-Kur. Das Know-How brachte nach dem Zweiten Weltkrieg und der Vertreibung der Deutschen der Kurarzt Dr. Hermann Brosig mit in seine neue bayerische Heimat Oberstaufen.
Mit Schrot, also zerkleinertem Getreide, das als Abfall an Vierbeiner verfüttert wird, hat die Schroth-Kur nichts zu tun. Das heute angewandte Naturheilverfahren wirkt nach wissenschaftlichen Erkenntnissen intensiv auf das vegetative Nervensystem, das im menschlichen Körper das Zusammenspiel von Organen, Stoffwechsel, Hormon- und Immunsystem steuert. Die gewollte Gewichtsabnahme entlastet zudem den Bewegungsapparat.
Doch die Schroth-Kur hat auch Kritiker. Sie warnen vor Folgen der Mangeldiät und zu starker Entwässerung. Darum ist ärztliche Aufsicht während der zwei- bis dreiwöchigen Kur unabdingbar.
Diese Kur steht auf vier Säulen. Zum Ersten die Diät: stark kalorienreduzierte Kost, eiweiß- , fett- und salzfrei. Dieses Heilfasten soll den Körper entgiften und entsäuern sowie sich günstig auf die Linderung von Gicht-, Rheuma- und Migräne-Leiden auswirken.
Die zweite Säule sind Schwitzpackungen. Sechs Mal die Woche frühmorgens gegen vier Uhr sind Wecken mit einem heißen Kräutertee, dann Einpacken des Körpers in ein feucht-kaltes Tuch, eine Wolldecke drum, eine Wärmflasche dazu und ein Daunenbett darüber angesagt. Während der Kurgast zwei Stunden schläft, schwemmt der schwitzende Körper Stoffwechsel-Rückstände aus.
Säule drei ist die Trinkverordnung. Im Wechsel wird einen Tag sehr wenig getrunken (maximal ein halber Liter Flüssigkeit) und am darauffolgenden Tag wieder mehr (mindestens eineinhalb Liter). Die jeweiligen Mengen legt der Kurarzt individuell fest. Wenn der Arzt einverstanden ist, darf sich der Kurgast sogar einen Schoppen trockenen Weißwein genehmigen. Denn „Wein enthält Mineralstoffe und wirkt auch stimmungsaufhellend“, sagt Heidi Thaumiller vom Oberstaufener Tourismus-Marketing. Die vierte Stufe ist ein ausgewogener Wechsel von Ruhe und Bewegung. An den Wenig-Trinktagen bestimmen Schlafen und Ruhen den Ablauf. An den Viel-Trinktagen steht körperliche Aktivität im milden Reizklima in rund 1000 Metern Höhe am Rande der Alpen auf dem Programm. „Eine Schroth-Kur ist kein Wellness-Ausflug“, sagt Heidi Thaumiller. „Sie sollte ein ernsthafter Start in ein gesünderes Leben sein.“ Dauern sollte die Kur zwei bis drei Wochen, eine Woche reicht nur als Schnupper-Einstieg. Insgesamt 55 Häuser bieten in Oberstaufen ärztlich überwachte Kuren an — vom Kurheim bis zum Fünf-Sterne-Hotel. Krankenkassen können einen solchen Kuraufenthalt als ambulante und stationäre Vorsorgeleistung bezuschussen. Informationen im Internet: