Geschäftstüchtigkeit und Savoir vivre: Genf kann beides
Genf (dpa/tmn) — Genf ist nicht nur die Stadt der Diplomaten, der Bänker und Luxusuhren-Hersteller. Die Metropole der französischen Schweiz eignet sich auch gut für eine Städtereise - ein bisschen Geld im Portemonnaie kann dabei nicht schaden.
Auf dem Genfer See gleitet der Schaufelraddampfer „Savoie“ an der berühmten Fontäne vorbei. Im Hintergrund hebt sich die mächtige Kathedrale von der Silhouette der Altstadt ab, und in der Ferne funkelt der immer schneebedeckte Gipfel des Mont Blanc im Abendlicht. Vom linken Seeufer sieht Genf wie ein Postkartenmotiv aus. Die größte Stadt der französischen Schweiz ist aber auch multikulturell, bunt, spannend und ein wenig skurril.
„Ja, wir Genfer sind schon immer ein besonderes Völkchen gewesen“, erzählt Ariel Haemmerlé beim Bummel über den Place du Bourg de Four. Dort sitzen die Genfer dicht gedrängt vor der Bar „La Clémence“. „Savoir vivre - Ja, das können wir!“, sagt Haemmerlé. Genf sei zwar der zweitkleinste Kanton, aber der größte Weinproduzent der Schweiz, berichtet der Buchautor stolz.
Der Mann mit der beeindruckenden weißen Philosophen-Mähne kennt seine Landsleute, ihre Eigenheiten und ihre Geschichte. Der Philosoph, Pädagoge und Komponist Jean-Jacques Rousseau wird in seinen Erzählungen genauso wieder lebendig, wie der Reformator Johannes Calvin oder Henri Dunant, der Gründer des Roten Kreuzes. Gleich hinter dem Rathaus kehrt Haemmerlé auf der Terrasse des „Café Papon“, dem Politikertreff von Genf, auf einen Kaffee ein. Vis à vis liegt die La-Treille-Promenade mit der mit 120 Meter längsten Holzbank der Welt. Wer hier verschnauft, blickt auf den Mont Salève. Eine Gondelbahn führt auf den 1200 Meter hohen Hausberg der Genfer.
Hinter der Holzbank verläuft die mächtige Stadtmauer, die beim Angriff der Savoyer 1602 jedoch nicht hoch genug war. Feindliche Truppen kletterten mit Leitern darüber und schlichen nachts in die Stadt. Eine Hausfrau aber hörte die Angreifer, schüttete einen Topf heiße Suppe auf sie hinunter und warf den Kupferkessel gleich hinterher. So erschlug sie einen der Soldaten und weckte mit dem Scheppern die Genfer. Die Bürger stürmten in Nachthemden hinaus und schlugen die Invasoren in die Flucht. „Die Genfer fochten mit nacktem Arsche, um ihre Stadt und ihre Freiheit zu verteidigen“, erzählt Haemmerlé genüsslich.
Heute sind 46 Prozent der etwa 190 000 Einwohner Ausländer. Schon die UNO sorgt für ein multikulturelles Flair in der Stadt. Als zweitwichtigster Bankenplatz nach Zürich zieht Genf zudem Geschäftsleute aus der ganzen Welt an. Genf ist eine reiche Stadt und eine Stadt für Reiche: Schier endlos reihen sich Nobel-Boutiquen Juweliere und Uhrmacher in der Rue du Rhone aneinander. Für Normalsterbliche sind die Luxus-Chronographen der Genfer Uhrenindustrie unerschwinglich — schön anzusehen sind sie trotzdem, vor allem im Uhrenmuseum von Patek Philippe.
Ihren Uhrmachern und Juwelieren verdankt Genf auch sein Wahrzeichen: Der Jet d'Eau war jahrzehntelang ein Rekordhalter: Mit 142 Metern war die Fontäne die höchste der Welt. Ursprünglich sprühte er nur wenige Meter hoch. Die Konstruktion diente den Juwelieren als Überdruckventil für die Druckwasserleitung, mit denen sie ihre Maschinen betrieben. 1891 machten die findigen Genfer daraus den heutigen Springbrunnen und schufen damit ein weltweites Markenzeichen für ihre Stadt.