Hilfe bei Todesfällen auf Koh Samui
Koh Samui (dpa) - Wer auf die thailändische Insel Koh Samui fährt, denkt an süßes Nichtstun unter Palmen - jedoch nicht an den Tod. Doch sterben kann man auch hier, tausende Kilometer von der Heimat entfernt.
Eine Deutsche hilft dann den Angehörigen in größter Not.
Der Schock saß tief, als Ella Naef erfuhr, dass ihr Sohn in Thailand mit dem Motorrad tödlich verunglückt ist. Sie flog sofort auf die Tropen-Insel Koh Samui. Dann der nächste Schock: Geschäftig und pietätlos wurde die Einäscherung abgewickelt, Naef bekam die Asche lieblos in „einer Art Suppenschüssel“ überreicht. „Sie war dem Nervenzusammenbruch nahe“, sagt Liz Luxen. Die Düsseldorferin lebt seit 20 Jahren in Thailand und gründete nach vielen ähnlichen Geschichten vor drei Jahren ein Beerdigungsinstitut für Trauerfeiern und Einäscherungen nach europäischen Maßstäben.
Eine wahre Marktlücke, wie der Zulauf ihr zeigen sollte. Ein paar Dutzend Beerdigungen hat sie seitdem organisiert, allein in diesem Jahr schon um die zehn. Die Nachfrage ist riesig. Sie hat schon drei Filialen als Franchise-Unternehmen verkauft, in Hua Hin, Phuket und Pattaya. „Ein tödlicher Unfall ist ja oft die emotionale Katastrophe schlechthin“, sagt sie. „Wo bekommt man den Totenschein? Was für Särge gibt es? Welche Urnen? Damit sind Angehörige, die auch die Sprache nicht sprechen, völlig überfordert.“
Ella Naef wollte mit ihren schrecklichen Erinnerungen nicht in die Heimat zurück. Sie stieß auf Luxen, die eine neue Trauerfeier ausrichtete, mit Blumen, Musik und Gebeten. Luxen fuhr die Asche mit Naef zusammen in einem geschmückten Boot aufs Meer hinaus - ein würdevoller Rahmen, der Naef das Trauern erst möglich machte.
Luxen arbeitet seit Jahren als Dolmetscherin bei Gerichten und Behörden und wird von Polizei und Krankenhäusern gerufen, wenn Touristen in Nöten sind. „Immer öfter stand bei solchen Einsätzen am Ende der Tod“, sagt die 46-Jährige. Touristen verunglücken beim Schwimmen oder Mopedfahren, Ausgewanderte sterben im Alter im Krankenhaus. „Die Angehörigen fragten mich dann: was nun?“ So kam sie auf die Idee mit dem Beerdigungsinstitut.
Die Gestorbenen hinterlassen nicht immer trauernde Angehörige. Heikel ist es, wenn Auswanderer sterben, die kaum noch Kontakt zur Familie daheim hatten. „Liebe Frau Luxen, was ist die billigste Möglichkeit, unseren jetzt in Thailand gestorbenen Vater zu beerdigen?“, schreibt ein Sohn aus Großbritannien per E-Mail.
Liz Luxen will sie alle würdig bestatten. „Jeder Tote soll mit Liebe und Anstand behandelt werden“, sagt sie. Doch sind die Gepflogenheiten in Thailand anders. Europäer vermissen dort Pietät. Schmuddelige Tempelanlagen, ausgemergelte Hunde, manchmal das Begießen der offenen Särge mit Benzin - all das sei für Europäer schwer zu ertragen. Nach der Verbrennung bekommen Angehörige manchmal einen Reissack mit Knochenresten und Asche überreicht.
Luxen richtet den ältesten Tempel der Insel, Wat Pra Derm, für ihre Trauerfeiern meist selbst her. „Da jage ich früh morgens den Meister Proper durch, damit alles schön sauber ist“, sagt sie. Sie bittet die Mönche zum Gesang, sie bestellt Blumen, sie achtet auf eine würdevolle Zeremonie. „Am nächsten Morgen sammle ich selbst die Asche ein und überreiche sie den Angehörigen in einer schönen Urne.“ Viele Familien verstreuen die Asche wie Ella Naef auf dem Meer.
Für Verwandte im fernen Deutschland, die die Kosten für den Bootsausflug sparen wollen („Können Sie es nicht aus dem Autofenster kippen?“) hat sie kein Verständnis. Wenn den Angehörigen nur das Geld fehlt, um selbst zur Trauerfeier anzureisen, hilft Luxen weiter - mit einem Video. „Ich bin zwar meistens der einzige Trauergast, aber ich organisiere auch Trauergäste - Hinterbliebene wollen, wenn sie das Video zu Hause zeigen, den Eindruck vermeiden, dass ihr Opa oder Onkel in der Ferne einsam gestorben ist.“
Mancher Auswanderer zahlt bei Luxen jetzt schon im Voraus für seine eigene Beerdigung, um sich einen würdevollen Abgang zu sichern. Luxen hat kein Problem, sich auf der Paradiesinsel mit einem so traurigen Geschäft zu befassen. „Es ist ein gutes Gefühl, wenn ich den Leuten helfen kann.“ Ella Naef war so angetan, dass sie Kontakt gehalten hat. Ein Jahr nach dem Tod ihres Sohnes ist sie jetzt wieder nach Koh Samui gereist. Die Erinnerung an die stimmungsvolle Trauerfeier macht ihr die Trauer dort erträglicher, sagt sie.