Im Land des Aufbruchs - Reisen in Birma birgt noch Tücken
Rangun (dpa/tmn) - Birma boomt. Seit der politischen Öffnung hat die Zahl der Reisenden stark zugenommen. Doch allzu viele Touristen sind nicht anzutreffen. In etlichen Orten scheint die Zeit stehen geblieben zu sein.
Schon auf der Botschaft in Berlin gibt es die erste Vorahnung: In Birma läuft einiges anders. Der Beamte nimmt die Reisepässe entgegen. Eine Quittung für die 25 Euro Visumsgebühr? Wozu? Erst nach mehreren Rückfragen stellt er ein Zettelchen aus.
Die Anreise war bislang etwas mühsam. Von Europa gab es keine Direktflüge. Die schnellste Verbindung führte über Bangkok. Doch der Markt ist in Bewegung. Ab November 2012 fliegt Condor als erste europäische Airline nonstop nach Rangun. Bei der Ankunft am internationalen Flughafen von Rangun, der offiziell Yangon International Airport heißt, überrascht das moderne Flughafengebäude. Die Schlangen an den Einreiseschaltern lichten sich schnell. Statt der erwarteten strengen Beamten einer Militärregierung, kichern die Damen in Uniform hinter dem Schalter. Sie amüsieren sich köstlich über die Augenfarbe auf dem Bild der modernen Gesichtserkennungskamera.
Die meisten Reisenden bringen viel Bargeld mit. Denn in Birma sucht man Geldautomaten vergeblich. Auch das soll sich in den nächsten Monaten ändern. Voraussichtlich werden dann auch mehrere Kreditkarten akzeptiert. Denn bisher ist es aufgrund der amerikanischen Sanktionen nicht möglich, Reiseausgaben mit den üblichen Kreditkarten zu begleichen. Nur wenige Hotels akzeptieren sie, dank eines Tricks. Sie buchen den Betrag über eine Niederlassung in einem anderen Land.
So ist Cash King. Besucher haben dicke Packen Scheine im Bauchgürtel. Aber Vorsicht: Bitte nicht knicken! Der Mitarbeiter des Geldwechselbüros am Flughafen beäugt jeden Schein sehr kritisch. Er dreht und wendet ihn, diskutiert mit seinem Kollegen. Bei Euros ist er großzügiger, bei Dollars sehr streng. Nur neue, nicht beschädigte, quasi jungfräuliche Banknoten akzeptiert er - ohne Gnade.
Die Kyat-Scheine, die Landeswährung, sind in weniger adrettem Zustand. Da die Regierung in der Vergangenheit gerne einmal bestimmte Banknoten für ungültig erklären ließ, ist das Vertrauen in die eigene Währung bei den Birmanen begrenzt. Da ist es praktisch, Dollars in der Tasche zu haben.
Jetzt erst einmal zum Hotel. „Wer ein Zimmer im gewohnten Standard vor allem in der beliebten Reisezeit zwischen Oktober und März haben möchte, sollte unbedingt reservieren“, empfiehlt Thomas Henseler, der Hoteldirektor von „The Governor's Residence“ in Rangun. Der Deutsche berichtet, dass die Auslastung der Hotels in den vergangenen Monaten enorm gestiegen ist. Entsprechend haben die Preise der Hotels angezogen, von 200 bis 300 Prozent ist die Rede. Die Qualität konnte nicht überall Schritt halten.
Mit dem Taxi geht es auf Tour. Der Fahrer chauffiert die Besucher den ganzen Tag von einer Pagode zur nächsten: mit dem liegenden Buddha, dem sitzenden Buddha, dem stehenden Buddha. Doch wirklich atemberaubend ist die goldene Shwedagon-Pagode, das religiöse Nationalheiligtum. Ein Muss für alle Birma-Reisende.
Rund um die Sule-Pagode unweit des Flussufers beginnt ein Gewirr aus Straßen und Geschäften. Auch ein moderner Internet-Laden ist dabei. Davor sitzt eine alte Frau und verkauft Seifen. Gleich daneben liegt ein Stand mit einem Plastik-Telefon. Doch diese Open-Air-Telefonzelle bietet keine Verbindung nach Europa. Herkömmliche Telefonhäuschen gibt es nicht und Auslandsgespräche im Hotel sind relativ teuer.
Birma verschafft eine seltene Erfahrung: eine Handy-freie Zeit. Mobiltelefone können Urlauber getrost zu Hause lassen. Deutsche Modelle funktionieren nicht. Wer nicht ohne kann, leiht sich am Flughafen ein Gerät mit einer vorbezahlten Karte aus. Die Birmanen selbst nutzen immer mehr Mobiltelefone, auch wenn ihr Land zu den ärmsten Staaten der Welt zählt. Selbst die allerorts präsenten rot gewandeten Mönche haben ihr Handys gezückt.
Um in die früheren Königsstädte Mandalay und Pagan, den touristischen Highlights, zu gelangen, ist das Flugzeug das beste Transportmittel. Denn die alten Züge zuckeln auf den Schmalspurgleisen sehr langsam und die Langstreckenbusse sind überfüllt und ziemlich unbequem. Zudem ist der Zustand der Überlandstraßen schlecht, mit einer Ausnahme: der nagelneuen Autobahn von Rangun nach Mandalay. Gleich neben der Fahrbahn pflügt ein Bauer mit seinem Ochsengespann sein Feld. Ein archaischer Anblick: 21. Jahrhundert trifft auf Jahrtausende alte Tradition. Das ist Birma heute. Morgen wird es anders sein.