Die abgelegenen Färöer-Inseln locken mit spektakulären Fjordlandschaften. Ideal auch für den neuen James-Bond-Film Die Klippe für das Bond-Finale

Inselhüpfen sah auch auf den Färöer bis Dezember 2020 anders aus. Nördlich von Tórshavn, der kleinen Hauptstadt der „Schafsinseln“, schlängelt sich seither die Route 15 in ein Loch im Berg, um dann in gerader Fahrt unter dem Meer abzutauchen.

Auf der Landspitze Kallur auf Kalsoy trotzt der winzige Leuchtturm den Atlantik-Stürmen.

Foto: Martin Wein/Martin Wein,Rheingasse26 53113 B

Zweispurig unterquert der Eysturoyartunnilin auf einer Länge von mehr als elf Kilometern den breiten Sund zwischen den Inseln Streymoy und Eysturoy. Bunte Lichtspiele an der natürlichen Felsdecke sorgen unterwegs für Abwechslung und nach zwei Dritteln der Strecke der erste unterseeische Kreisverkehr der Welt.

Knapp 190 Meter unter der Wasseroberfläche sind von hier aus gleich zwei Teile der zerklüfteten Insel Eysturoy ans Straßennetz angeschlossen. Inzwischen ist das Verkehrsbauwerk selbst derart zur Sehenswürdigkeit avanciert, dass der Betreiber die Tunnelmaut auch erhebt, wenn man nach einer Ehrenrunde im Kreisel an derselben Seite wieder rausfährt. Abgerechnet wird nachher online per Kreditkarte. Dabei ist der Eysturoyartunnilin für 175 Millionen Euro schon der dritte Untersee-Tunnel auf dem zu Dänemark gehörenden Archipel im Nordatlantik.

Seit Anfang des Jahrtausends wurden auch die Flughafeninsel Vågar und das westliche Bordoy an die Hauptinseln angeschlossen, um Fahrzeiten zu verkürzen und bei Winterstürmen unabhängig von Fähren zu werden. „Inzwischen schrauben sich unsere Bohrer durch das Basaltgestein auf dem Weg nach Sandoy“, erklärt Teitur Samuelsen. Von seinem Büro über einem Kindergarten in Tórshavn aus organisiert der Manager das Großprojekt. Noch in diesem Jahr soll der Durchbruch erfolgen.

Bis zum Ende des Jahrzehnts soll von Sandoy auch die 30 Kilometer entfernte Südinsel angeschlossen werden, um die Abwanderung auf die Hauptinseln zu verringern. „Dabei arbeiten auf der Baustelle nur 80 Menschen in zwei Schichten“, sagt Samuelsen. Nur für die kleinsten der insgesamt 18 Inseln solle es keinen Straßenanschluss geben, findet er: „Da sollten wir uns das Gefühl der abgelegenen Insellage durchaus bewahren.“

„No Time To Die“
auf der Kallur-Klippe

Ein Gefühl, das auch Location Scouts für internationale Blockbuster zunehmend zu schätzen wissen. Im Frühjahr 2019 reiste ein Filmteam für den 25. James-Bond-Film „No Time To Die“ auf die Kallur-Klippe der Insel Kalsoy. Hier wird es, so ist zu hören, zum großen Finale kommen. Schon die Anreise dorthin ist spektakulär. Nach zwei Untersee-Tunneln rangiert man in Klaksvik auf die winzige Autofähre „Sam“. Eine halbe Stunde später geht es dann auf der Ostseite der langgestreckten „Männerinsel“ auf einspuriger Asphaltbahn 16 Kilometer nordwärts. „Blockflöte“ nennen die Färinger Kalsoy spöttisch alternativ wegen der vier einspurigen Tunnel ohne Licht, die die fast 790 Meter hohen Berge erst seit einigen Jahren passierbar machen.

Im Weiler Trollanes ist an einem Parkplatz mit WC und Mikrowelle endgültig Schluss für den Verkehr. Jetzt geht es nur noch auf einem häufig sumpfigen Schafspfad weiter aufwärts. Aufgeschreckte Raubmöwen gehen im Sturzflug zum Angriff auf die hochgereckten Wanderstöcke über. Unbequemer sind die Tretminen der Schafe, die den Inseln ihren Namen gegeben haben. Auf der Kuppe des Hangs warnt ein winziger weißer Leuchtturm Schiffe noch heute vor den gefährlichen Klippen und Strömungen.

Sturmböen treiben immer wieder neue Wolkenfelder gegen die Klippe ohne Geländer. Dazwischen setzt die Sonne mit einzelnen Strahlen helle Akzente ins Blau und Grün. Wer gegen Abend kommt und auf die Zuverlässigkeit der letzten Ruf-mich-Fähre vertraut, der hat diesen magischen Ort mitten im Atlantik oft noch immer ganz für sich allein. Das alles sei doch wohl spannend genug, lässt der Landeigentümer über das Fremdenverkehrsamt der autonomen Inselregierung wissen. Journalisten interessierten ihn nicht.

Ein längst inaktiver
vulkanischer Hotspot

Geologisch betrachtet sind die Färöer ein ähnlicher vulkanischer Hotspot wie Island, nur viermal älter, längst inaktiv und damit entsprechend verwittert und von Eiszeitgletschern in Einzelteile zerschmirgelt. Die Landschaft mit ihren sattgrünen Weiden, über 800 Meter hohen Bergen und schroffen Klippen ist vielerorts spektakulär, andernorts regelrecht wie gemalt.

Allerdings betrachten die gut 50 000 Färinger den wachsenden Fremdenverkehr mit Argwohn. Zäune versperren viele Wege. An einigen Stellen muss man die Kreditkarte zücken. Um etwa die ausgesetzte Felswand Traelanipan auf Vågar zu erwandern, werden umgerechnet 30 Euro Eintrittsgeld fällig. Für eine geführte Tour zum durchlöcherten Holm Draganir verlangt der Landbesitzer gar 80 Euro. Andererseits gibt es abseits der bekanntesten Instagram-Spots viele Hikingrouten, die problemlos nutzbar sind, solange das Wetter mitspielt.

Zwei Färinger, die gern mehr Besucher empfangen würden, sind Kristin und Jógvan Olsen. 2016 hat das Ehepaar einen verlassenen Bauernhof auf der Außeninsel Svinoy übernommen. Nach Jahren im Dienst der Reederei Maersk und der Industrie in Katar war ihnen selbst Klaksvik mit seinen 4500 Einwohnern zu wuselig. Neben den fünf Kindern und den drei Border-Collies gehören seither auch 200 Mutterschafe zur Familie.

Im Erdgeschoss des rot gestrichenen Haupthauses hat Kristin mit alten Möbeln geschmackvoll ein Café eingerichtet. Viele Färinger kämen hierher, um ihre Hochzeit zu feiern, erzählt sie. Und manchmal auch Touristen auf eine Tasse Kaffee oder eine Portion panierten Kabeljau mit frischen Inselkartoffeln. Noch sieben Menschen leben auf Svinoy, das bei ruhiger See zweimal täglich vom Postboot angefahren wird. Im Winter kann der Service auch schon mal für einige Tage ausfallen. Selbst an einem fast windstillen Tag ist die Dünung an der kurzen Betonmole so hoch, dass Besucher nur mit einem beherzten Sprung an Land gelangen.

Ein Auto, das vom Postboot per Seilwinde an Land gehievt wird, bekommt dabei scheppernd eine Breitseite ab. Das obligatorische Denkmal für die Opfer von Schiffsunglücken am Dorfrand listet weit über 100 Namen. Dafür gibt es keine Ratten, die Vogeleier fressen würden. Die Weiden sind fruchtbar. Gestochene Grassoden isolieren wie zu Zeiten der Wikinger viele Hausdächer. Und die Butterblumen sind größer als holländische Zuchtprimeln.