Neckar, Rhein, Mosel und Saar Kreuzfahrt: Vier Flüsse auf einen Streich

Eine Kreuzfahrt über Neckar, Rhein, Mosel und Saar ist ein Erlebnis an Langsamkeit.

Foto: Brigitte Bonder

Gemütlich gleitet die „MS Casanova“ über das braungrüne Band des Neckars. Auf der Backbordseite ragen steile Weinberge auf, steuerbords leuchtet der frischgrüne Wald an den sanften Hügeln. Es ist ein sommerlicher Sonntagvormittag, und schon zu früher Stunde sind alle Stühle auf dem oberen Deck belegt. Knapp 80 Flusskreuzfahrer blicken entspannt in Fahrtrichtung.

Plötzlich versinkt das weiß-rote Brückenhaus samt Kapitän Lukas Horejsi vollständig im Bauch des Schiffes und zwei Matrosen sprinten auf das Sonnendeck. „Niedrige Brücke voraus“, lautet ihre Warnung und ruckartig ziehen alle die Köpfe ein — wer sich unter dem Reling-Niveau befindet, ist auf der sicheren Seite. In langsamer Schleichfahrt unterquert die „MS Casanova“ die schmale Brücke und gleitet auch unter dem soeben hochgefahrenen Tor der nächsten Schleuse hindurch. Kühles Neckarwasser tropft auf die Sonnenanbeter. Als auch die letzten Kreuzfahrer auf dem Achterdeck etwas von dem erfrischenden Nass abbekommen haben, legt die „MS Casanova“ in der Schleuse an und wird einige Meter abgesenkt, um weiter Kurs in Richtung Rhein zu nehmen.

Vier Tage auf dem Neckar, eine eintägige Stippvisite bei Vater Rhein, eine weinselige Tagesfahrt auf der Mosel und einige Sonnenstunden auf der Saar — seit 2010 hat Nicko-Flussreisen die Vier-Flüsse-Kreuzfahrt von Stuttgart nach Saarbrücken im Programm. Die „MS Casanova“ wurde 2001 von der ehemaligen Deilmann-Reederei für romantische Touren durch die Lagune Venedigs gebaut, heute kreuzt sie unter Schweizer Flagge über die oberen Flussabschnitte von Neckar bis Saar. Mit 103 Metern Länge, knapp zehn Metern Breite und 48 Kabinen ist sie derzeit das einzige Flusskreuzfahrtschiff, das durch die Schleusen und engen Flusswindungen des oberen Neckars passt. „Unser Programm ist auf die Anforderungen der Best-Ager zugeschnitten“, erklärt Kreuzfahrtleiter Bertram Sorge das Konzept. Kulturelle Ausflüge mit kurzen Wegen, Tanzmusik und Spiele an Bord sind bei den überwiegend älteren und sehr reiselustigen Gästen beliebt. Die jüngeren Kreuzfahrer genießen Sonne und Ruhe auf den Liegen an Deck und lassen die Weinberge an sich vorbeiziehen — Entschleunigung pur.

„Noch passt die Rettungsweste“, witzelt Kreuzfahrtleiter Bertram Sorge bei der Sicherheitsübung. Die Gäste lachen und schälen sich bei den warmen Temperaturen aus der dicken Sicherheitskleidung. Spätestens nach dem ersten Dinner weiß jeder, was gemeint ist. Morgens und mittags gibt es abwechslungsreiche Buffets, am Nachmittag werden Kaffee und Kuchen serviert, abends holen die Köche die jeweilige Umgebung des Schiffs kulinarisch als Drei-Gänge-Menü an Bord. „Als Ausgleich steht jeden Tag mindestens ein Ausflug auf dem Programm, alle Details finden die Reisenden auf ihrem Tagesplan in der Kabine“, erklärt der 28-jährige Kreuzfahrtleiter. Ob blühender Barockgarten in Ludwigsburg, eine Stadtführung durch die Kaiserpfalz Bad Wimpfen oder ein Ausflug zum Heidelberger Schloss — die Zeit auf dem Neckar vergeht wie im Fluge.

Der beliebteste Platz ist auf dem Sonnendeck. Seitdem die „MS Casanova“ in Heidelberg abgelegt hat, widmen sich viele dort dem Nichtstun und lassen das Landschafts-Kino vorbeiziehen. Ein kurzes Kontrastprogramm bietet die Industriewelt um Mannheim. Dort biegt das Schiff vom Neckar auf die „Rhein-Autobahn“ ab und macht am späten Abend in Mainz fest.

Nach einer Stadtführung durch die Rheinland-Pfälzer Hauptstadt am nächsten Vormittag steuert das weiße Schiff das Mittelrheintal an, einen der schönsten Flussabschnitte Deutschlands. Am Deutschen Eck in Koblenz führt die Route auf die Mosel und den ganzen Tag schippert die „MS Casanova“ entlang steiler Rebhänge und uriger Weindörfer mit Stopp in Bernkastel bis nach Trier — Stadtrundfahrt zum Dom und den Kaiserthermen inklusive.

Am letzten Tag biegt Kapitän Lukas Horejsi nach 549 Flusskilometern und 32 Schleusen in die Saar ab. Wie auf dem Neckar herrscht dort deutlich weniger Betrieb, noch 87 Kilometer und sechs Schleusen verbleiben bis zum Zielort Saarbrücken. Das Highlight der Strecke ist die Saarschleife. Fröhlich grüßt der tschechische Kapitän die Figur des Heiligen Nepomuk vor der letzten Schleuse, in der die sein Schiff ein letztes Mal um einige Meter angehoben wird. Sicher steuert Lukas Horejsi unter dem offenen Schleusentor flussaufwärts. Ein letztes Mal tropft das erfrischende Saarwasser auf die Gäste des Sonnendecks hinab und es geht nach Saarbrücken.