Meatpacking statt Meerjungfrau: Szene-Trip nach Kopenhagen
Kopenhagen (dpa/tmn) - Hasse Mogensen beißt in das Brötchen mit Fleisch, das er gerade vom Grill genommen hat. „Woraus andere Restaurants Steaks machen, daraus machen wir Burger“, sagt der Koch des Imbisslokals „Juicy Burger“ stolz.
Das Fleisch sei wie Tatar, man könne es roh essen.
Ein Gourmetburger ist das Aushängeschild des Ladens im Meatpacking District, dem Food- und Ausgehviertel Kopenhagens. Der District besteht nur aus wenigen Straßenzügen. Früher war es eine Arbeitergegend. Vor ein paar Jahren sind dann Bars, Restaurants, Clubs und Galerien in die alten Schlachthäuser einzogen. Diese Entwicklung nahm auch das gleichnamige In-Viertel in New York.
Und wie es sich für ein Szenequartier gehört, gibt es auch eine Burgerschmiede, die nicht irgendwelche Frikadellen brät, sondern selbstbewusst ein angesagtes Lifestyle-Produkt verkauft. Und im Imbiss läuft Musik des Gangsterrappers Tupac Shakur. Nachhaltigkeit und urbane Härte, das geht hier zusammen.
Der Meatpacking District im Stadtteil Vesterbro wird als das Szeneviertel Kopenhagens gehandelt. Fast jede Metropole verfügt über einen Hipster-Bezirk: London hat Shoreditch, Stockholm Södermalm, Berlin Kreuzberg - und Kopenhagen eben Vesterbro. Hier finden sich die neusten Modetrends auf den Bürgersteigen, junge Gastronomen mit ambitionierten Visionen und ein Flair von Subkultur, das mit dem Hype bereits zu verschwinden droht.
Solche Szeneorte waren oft lange Zeit verrufene Gegenden. Vesterbro beginnt gleich westlich des Hauptbahnhofs, wo das Rotlichtviertel liegt. Hier stehen heute hübsche Bars neben Sexshops, abends drehen die Prostituierten und Alkoholiker ihre Runden. Doch nach nur wenigen Minuten zu Fuß auf der Istedgade, der Lebensader des Viertels, steht der Besucher bereits im aufgewerteten Teil Vesterbros. Dort gibt es stilvolle Cafés, schicke Weinbars und teure Einrichtungsläden.
An einem Viertel wie Vesterbro lassen sich die großen urbanen Trends ablesen. „Vegan sein ist ein Riesending“, erzählt Nadja Touzari, die im Café „simpleRAW“ arbeitet. Erst seit einem Jahr sei es mit dem Veganismus so richtig losgegangen, sagt die Dänin. „Früher war es in Vesterbro nahezu unmöglich, gesundes Essen zu kaufen.“
„Ich lebe schon lange hier, und das Viertel hat mich nie gelangweilt“, erzählt die Designerin Maxjenny Forslund, die eine Modefirma im Meatpacking District hat. „Du musst deine Energie aus deiner Umgebung ziehen.“ Dass Vesterbro das hippe Aushängeschild der Stadt ist, nimmt die Kreative mit Humor: „Es ist das Epizentrum der Hipster. Niemand hier trägt Socken, aber alle haben coole Fahrräder.“
Tatsächlich stellt sich am Beispiel Vesterbro ja die Frage: Wie cool ist ein Viertel noch, wenn dort nur noch schicke Menschen unterwegs sind? „Viel Underground gibt es hier nicht mehr“, sagt Nadja Touzari. Aber immerhin noch Gewerbe, etwa Jacob Kongsbak Lassen, ein traditionsreicher Fischhändler Dänemarks.
„Es wäre nicht gut, wenn es hier nur noch Laptops geben würde“, findet Hasse Mogensen. Selbst das Rotlichtviertel macht einen ungefährlichen Eindruck. Ein Dealer nuschelt nicht etwa irgendeine Droge daher. Er sagt: „Ich habe zwei Gramm Kokain für 500 Kronen“, so als verkaufe er Tomaten auf dem Markt. Dem Touristen kommt da unweigerlich ein höfliches „Nein, vielen Dank!“ über die Lippen.
Auch dass die Tourismusvermarkter von Visit Copenhagen mit „Hipster Vesterbro“ werben, ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass das Viertel längst etabliert ist. Und damit vollkommen out? Man hat nicht den Eindruck, dass die jungen Menschen in Kopenhagen in solchen Kategorien denken. Das macht einen Besuch so angenehm.
Reiseziel: Vesterbro grenzt im Osten an den Vergnügungspark Tivoli und die Innenstadt Kopenhagens. Der Meatpacking District liegt im Westen des Viertels.
Anreise: Mehrere Airlines fliegen Kopenhagen von verschiedenen deutschen Städten an. Der Hin- und Rückflug mit einem Billigflieger (nur mit Handgepäck) ist schon für gut 50 Euro zu haben.
Übernachtung: Hotels in Kopenhagen sind nicht gerade günstig. Das Doppelzimmer im zentralen Drei-Sterne-Hotel kostet pro Nacht gut und gerne 100 bis 150 Euro. Eine günstige Alternative kann eine private Unterkunft sein, etwa über Airbnb oder Wimdu.
Informationen: Kopenhagen Tourist Information, Vesterbrogade 4A, 1620 Kopenhagen V (Tel.: 0045/7022 2442, E-Mail: touristinfo@woco.dk).