Streifzug durch Daressalam: Deutsche Historie am Indischen Ozean

Daressalam (dpa/tmn) - Tansania hat viel zu bieten - Safaris, Berge, Tropeninseln. Die inoffizielle Hauptstadt Daressalam wird dabei oft übersehen. Dabei gibt es hier nicht nur Zeugnisse der deutschen Vergangenheit, sondern auch Kunst, Kulinarisches und weiße Strände.

Am frühen Abend, bevor die tropische Nacht den Indischen Ozean in tiefe Schwärze taucht, füllt sich der Strand an der Oyster Bay. Mit Plastikstühlen kommen die Tansanier, plaudern, genießen bei Sonnenuntergang das Farbenspiel der Wellen und kosten die Spezialitäten der zahlreichen Straßenstände. „Du musst die Cassava probieren, die schmeckt herrlich!“, sagt Santay Uka, der in Daressalam als Stadtführer arbeitet. Die kartoffelähnliche Knolle, die auch als Maniok bekannt ist, wird auf offenem Feuer gekocht und mit Krautsalat und einer würzigen Tomaten-Chili-Soße angerichtet. Santay hat nicht zu viel versprochen: Der scharfe Snack vom Pappteller kitzelt den Gaumen.

Weißer Sand, blaues Meer, relaxte Stimmung - es ist kaum zu glauben, dass das Zentrum der pulsierenden Wirtschaftsmetropole nur sechs Kilometer entfernt liegt. Daressalam ist zwar mit etwa drei Millionen Einwohnern die bei weitem größte Stadt Tansanias, jedoch ist Dodoma im Landesinneren seit 1974 die offizielle Hauptstadt. Die Regierung des ostafrikanischen Landes sowie die diplomatischen Vertretungen und internationalen Organisationen arbeiten aber weiterhin von „Dar“ aus, wie die Stadt kurz genannt wird.

„Haus des Friedens“ lautet die wörtliche Übersetzung des Namens. Auf den üblichen Touristenrouten ist die Stadt nur selten eingezeichnet. Reiseanbieter und Tansania-Spezialisten locken ihre Kunden mit Safaris in die Serengeti und den Ngorongoro-Krater, zu einer Besteigung des Kilimandscharo und einem Strandurlaub auf Sansibar. Die meisten kommen nur deshalb durch Dar, weil sie hier die Fähre dorthin besteigen.

Eine Stadtbesichtigung beginnt am besten im Nationalmuseum. In dem 1940 eröffneten Kulturtempel finden sich nicht nur interessante historische Exponate, die die Geschichte des Landes erläutern, sondern vor allem auch naturwissenschaftliche Entdeckungen. Darunter sind auch Knochen des 1959 von Louis und Mary Leakey in der berühmten Olduvai-Schlucht gefundenen Nussknackermenschen „Australopithecus Boisei“.

Vor allem für Deutsche interessant sind die Ausstellungsstücke und Fotos, die sich mit der Kolonialgeschichte befassen, denn schließlich war das Land - das damals noch Tanganjika hieß - von 1885 bis 1918 zusammen mit Burundi und Ruanda Teil des sogenannten Deutsch-Ostafrika.

„Das Stadtzentrum von Daressalam ist noch heute stark davon geprägt, wie die Stadt einst von den Deutschen geplant wurde“, sagt die deutsche Architektin Annika Seifert, die hier seit einigen Jahren lebt und arbeitet. Der Sultan von Sansibar habe Dar ursprünglich wegen seines fantastischen Naturhafens als Fischerdorf angelegt, erst die Deutschen hätten die strategisch vorteilhafte Lage erkannt und den Ort in eine typische Kolonialstadt verwandelt.

Ein Besuch des Kivukoni Fischmarktes an der Ocean Road. Direkt am Wasser gelegen, wird von früh morgens an um Red Snapper, Schwertfische, Krabben und Garnelen gefeilscht. Es riecht streng, nach Fisch eben, auf dem Boden mischen sich Wasser, Blut und abgetrennte Flossen.

Der Indische Ozean bestimmt den Rhythmus der Menschen. Am Wochenende besteigen viele Einwohner die Autofähre nach Kigamboni, die nach wenigen Minuten im Süden von Dar wieder andockt. Vorbei an tropischen Plantagen, Palmen und kleinen Häusern tauchen bereits nach wenigen Minuten die Strände Sunrise Beach und South Beach auf, die denen von Sansibar in nichts nachstehen.

Bei Sonnenuntergang aber machen sich die Hungrigen und Durstigen in den Norden Dars auf, nach Oyster Bay und zum Coco Beach. Ein atemberaubender 180-Grad-Blick weit über das Meer tut sich vom „Karambezi Café“ auf, während frische Meeresfrüchteplatten und Thunfischsteaks aufgetischt werden. Ein guter Tag geht langsam zu Ende, ein Tag in einer leider oft unterschätzten Stadt.