Urlaub mit Kalaschnikow: Reise in die Danakil-Wüste
Addis Abeba (dpa) - Wer in die äthiopische Vulkanwüste fährt, muss eine schwer bewaffnete Eskorte dabei haben. Rundumschutz ist das nicht, wie der Überfall auf Europäer gezeigt hat. Bricht der Tourismus dort jetzt zusammen?
Addis Abeba (dpa) - Wer in die äthiopische Vulkanwüste fährt, muss eine schwer bewaffnete Eskorte dabei haben. Rundumschutz ist das nicht, wie der Überfall auf Europäer gezeigt hat. Bricht der Tourismus dort jetzt zusammen?
Eine Reise in die Danakil-Senke birgt Risiken: Das wird Urlaubern spätestens in dem Örtchen Barahale klar, wenn bewaffnete Polizisten in die Jeeps steigen. „Ab dort und bis nach Amedela dürfen Touristen nicht ohne Eskorte fahren“, berichtet der italienisch-äthiopische Fotograf Antonio Fiorente. „Wer von da noch weiter in Richtung der eritreischen Grenze will, bekommt sogar Soldaten zugewiesen.“
Mindestens ein Dutzend Mal war Fiorente beruflich und privat im sogenannten Afar-Dreieck, in dem die Danakil-Wüste liegt. Auch in der Region, in der in der Nacht zum Dienstag (17. Januar) eine europäische Touristengruppe brutal überfallen wurde, war er zweimal unterwegs. „Ich bin völlig überrascht über diesen tödlichen Angriff, so was ist noch nie vorgekommen“, erklärt er. Zwar habe es in der Vergangenheit einige Zwischenfälle gegeben. So wurden 2007 fünf Europäer entführt und später gegen Lösegeld wieder freigelassen. Aber noch nie seien Touristen in der Region brutal und sinnlos erschossen worden.
Die meisten Touren starten in der nördlichen Stadt Mekele. In der Regel sind es mindestens drei Autos: „Eines für die Touristen, eines für die Logistik wie Lebensmittel, Wasser und Zelte, und eines für die Eskorte“, erklärt der äthiopische Reiseleiter Mulugeta Dubale, der seit acht Jahren mit seinem Veranstalter „Pathfinder Tour“ Expeditionen in die Danakil organisiert. Dabei handele es sich meist um zwei Polizisten und einen Milizsoldaten aus einem der Dörfer in der Region. Alle sind mit Kalaschnikows ausgerüstet.
Generell dauert eine Tour 15 Tage, denn das unwirtliche Gebiet ist riesig und nur schwer befahrbar. Möglich ist ein Trip überhaupt nur zwischen Oktober und Januar. In der Regenzeit würden zu viele Autos steckenbleiben. Übernachtet wird in Zelten. Tagsüber steigen die Temperaturen auf über 50 Grad. Bequem und erholsam ist eine Reise in den äußersten Nordosten Äthiopiens nicht.
„Da schmelzen schon mal die Reifen, deshalb muss man Begleitwagen dabei haben“, sagt Fiorente, der das Abenteuer genauso liebt wie die Wüste. „Ich fahre manchmal einfach dahin, um in dieser Weite und der herrlichen Landschaft mit den Vulkanen und Salzseen wieder zu mir selbst zu finden.“ Die Danakil-Senke ist einer der tiefstgelegenen Orte der Erde.
Dass der in dem Gebiet lebende Nomadenstamm der Afar für den Überfall verantwortlich sein könnte, glaubt Fiorente nicht. „Das sind völlig friedliebende Menschen. Und warum sollten sie sich selbst wehtun und den gerade aufkeimenden Tourismus in der Region beeinträchtigen, wenn sie durch diesen doch endlich etwas Geld verdienen?“ Der 47-Jährige denkt, dass eritreische Söldner die Tat begangen haben könnten.
Abschrecken lassen will er sich davon aber nicht: „Ich werde nächsten Monat wie geplant wieder in das Gebiet fahren. Ich habe viele Freunde dort und bin einfach ein Fan der Wüste, der Kultur der Afar und der Hitze dort.“
Tour-Organisator Dubale sieht das anders. Nach der Attacke auf die Touristen sagte er bis auf weiteres alle Danakil-Touren ab. „Das Risiko wäre jetzt einfach zu groß, wir müssen erst wissen, was da genau passiert ist.“ Allerdings, so fügt er hinzu, habe er bei all seinen Reisen in das Gebiet noch nie Probleme gehabt. Dennoch befürchtet er, dass sich der Zwischenfall spürbar auf den gesamten Tourismus in Äthiopien auswirken wird.
„Die Leute wissen nicht, wie weit die Danakil von den üblichen Touristenrouten entfernt liegt“, sagt er. Und die seien allesamt sehr sicher. Eine gerade in Addis Abeba angekommene deutsche Touristengruppe sei völlig verängstigt. „Dabei haben sie eine Tour auf der 'historischen Route' gebucht“, berichtet Dubale, „in Städte wie Gondar und Lalibela, die hunderte Kilometer von der Wüste entfernt im Hochland liegen.“
Wie bei der verheerenden Dürre in Äthiopien in den 1980er Jahren denke die Welt jetzt wieder, dass das ganze Land betroffen sei. „Dabei ging es damals nur um einen Teil Äthiopiens, ebenso wie heute. Ich hoffe, dass die Welt das verstehen wird.“