Dunkle Räuber und edle Weine: Auf Tour durch den Spessart
Bürgstadt (dpa/tmn) - Die Wälder sind dunkel, die Ausblicke auf Lichtungen und Höhen beeindruckend. Der Spessart ist vor allem für Wanderfreunde und Radfahrer ein interessantes Ziel. Doch auch Weinliebhaber kommen auf ihre Kosten.
Es muss eine wilde Zeit gewesen sein, damals, als man auf dem Weg von Süd nach Nord durch den Spessart kam. Kaufleute aus Nürnberg schickten oft ein Stoßgebet gen Himmel: „Lieber Gott, du hast mir aus dem Mutterleib geholfen, so hilf mir auch durch den Spessart.“ Das erzählt jedenfalls Franz Bilz - er ist Rentner, Wanderführer und kennt, so scheint es, jeden Baum und jeden Strauch im Wald des Räuberlandes. So nennt sich das Gebiet zwischen Dammbach, Heimbuchenthal, Leidersbach, Mespelbrunn, Rothenbuch, Weibersbrunn und dem Markt Eschau.
„Wir haben ausgezeichnete Wanderwege, Strecken für Mountainbiker und Leute, die Nordic Walking machen“, sagt Bilz. Die Region verfügt über zertifizierte Qualitätswege: Das bedeutet nicht nur, dass die Wege gut ausgeschildert und gepflegt sind. Auch das Angebot rechts und links des Weges muss stimmen. Dazu gehören regionale Gastronomie und urige Unterkünfte.
Von denen gibt es vor allem in der idyllischen Landschaft rund um Bürgstadt viele. Der Centgrafenberg ist ein 58 Hektar großes Weinanbaugebiet und Endpunkt des Fränkischen Rotwein Wanderwegs, der auf sechs Etappen und rund 70 Kilometern von Großwallstadt nach Churfranken führt. Mitten in den Weinbergen steht ein kleines Holzhaus. Hier lässt Winzer Max Helmstetter seine Weine verkosten.
Wie viele andere Winzer entlang des Wanderwegs schenkt Helmstetter von Anfang bis Mitte November in einer sogenannten Häckerwirtschaft seine edlen Tropfen aus. „Dieser Art des Weinausschanks hat in Churfranken eine besondere Tradition“, sagt er. Zeitlich begrenzt, zwischen zwei und vier Wochen, dürfen eigenerzeugte Weine ausgeschenkt werden - egal, ob man ein Restaurant hat oder nicht. Schon seit dem 16. Jahrhundert gibt es diesen Brauch, „und man pflegt ihn bis heute“, so der Winzer.
Überhaupt sind die Menschen im Spessart heimatverbunden - und sie finden hier alles, was sie für ihre Gewerbe brauchen. Spessarteiche zum Beispiel. Die besten Stämme reifen unweit des Hotels Heimathenhof in Heimbuchenthal. Schreiner schätzen die Eiche zum Möbelbau, Winzer mögen das Barrique in ihren Weinkellern.
Dass die Region noch mehr zu bieten hat als Räubergeschichten und gute Weine, zeigt sich entlang der beiden Spessartwege. Der erste, untertitelt „Von Fürsten, Fuhrleuten und Pilgern“, ist 62,5 Kilometer lang und führt von Aschaffenburg nach Gemünden in West-Ost-Richtung durch den Spessart. Die Nummer 2, „Über Berg und Tal zum Main“, führt auf 58 Kilometern von Nord nach Süd - aus Heigenbrücken im Hochspessart nach Stadtprozelten. Entlang des Weges bieten sich imposante Ausblicke, etwa auf der Geißhöhe. Von hier kann man bei klarer Sicht sogar die Skyline von Frankfurt sehen.
Der Weg führt auch durch Mespelbrunn. Dort steht ein Gebäude, das vielen bekannt vorkommen könnte: Das malerisch gelegene Wasserschloss von Mespelbrunn war einer der Orte, an dem Ende der 1950er Jahre das „Das Wirtshaus im Spessart“ gedreht wurde. Der Südflügel des Renaissanceschlosses kann besichtigt werden kann. Und wer anschließend zu einem Spaziergang im Wald aufbricht, braucht sich nicht mehr vor zwielichtigen Gestalten zu fürchten - es sei denn, er hat den Überfall zuvor beim Tourismusverband bestellt.