Sterneküche aus der Natur: Gourmetwanderung in Baiersbronn

Baiersbronn (dpa/tmn) - Kulinarik und Wandern: Der Schwarzwaldort Baiersbronn genießt durch seine Spitzengastronomie einen guten Ruf bei Gourmets. Aufgrund seiner waldreichen Umgebung ist er auch bei Wanderern beliebt.

Bei Gourmetwanderungen lässt sich beides verbinden.

Bei Wind und Wetter macht sich Friedrich Klumpp mit seinen Wandergruppen auf. Bis zu 25 Gäste nimmt der Koch auf die rund vierstündige Schlemmerwanderung mit. Er will seinen Kunden etwas bieten, denn mancher Gast, der nach Baiersbronn kommt, ist kulinarisch verwöhnt. Sieben Sterne strahlen über der Gemeinde — die höchste Sternedichte im Land - weshalb manche vom „Sternedorf“ reden. Anstrengend sei der Weg nicht, beruhigt Klumpp einige Städter, die längere Touren nicht gewohnt sind.

„Ich möchte Ihnen heute die Wildkräuter unserer Heimat näherbringen“, sagt er und pflückt gleich nach ein paar Minuten etwas vom Wegesrand. „Weiß jemand, was das ist?“, fragt er in die Runde und streckt die Pflanze, die an Dill erinnert, in die Luft. Eine Dame meldet sich zaghaft und sagt „Bärwurz?“. „Richtig“, antwortet der Wanderführer. „Für viele ist das Unkraut. Dabei kann man es in der Küche erstklassig einsetzen.“ Carola, die Kennerin aus Berlin, stellt sich als Apothekerin vor. Bei Heilkräutern könne man ihr so schnell nichts vormachen, doch wie man sie in der Küche verwendet, weiß sie nicht.

„Bärwurz schmeckt schön würzig, wie Sellerie“, sagt Klumpp und alle staunen, als er erzählt, dass ein Drittel der einheimischen Kräuter in der Küche verwendet wird. Vieles findet sich in den nächsten Stunden am Wegrand: Spitzwegerich, Brunnenkresse, Wiesenklee, Frauenmantel. Alles äußerst schmackhaft, wie sich wenig später bei einer Rast herausstellt.

Klumpps Kollegin Heidi wartet auf die Gäste, um sie mit ein paar freundlichen Sprüchen und einem Glas Sekt mit Holunderblütensaft zu empfangen. Klumpp wirft sich derweil in die Kochjacke, schnippelt die am Bach gesammelte Brunnenkresse klein und mischt sie unter den Schmand. „Die hat eine frische Schärfe wie Meerrettich, da muss man aufpassen, dass man nicht zu viel nimmt. Wenn man das dann auf Walnussbrot streicht, ist es ein Genuss.“

Nachdem alle gestärkt sind, geht es weiter. Wieder verschwindet Klumpp nach wenigen Minuten im Wald und kommt mit Farn zurück. „Adlerfarm“ staunt Carola und stutzt, als Klumpp die zarten Knospen der Jungtriebe zum Probieren herumreicht. „Das schmeckt wie Marzipan“, sagt einer der Gäste. „Kein Wunder“, flüstert die Apothekerin, „da sind ja auch cyanogene Glycoside drin, wie in der Bittermandel“.

„In großen Mengen ist er giftig“, warnt Klumpp die Gruppe und gibt Tipps, wie man die Pflanze trotzdem einsetzen kann. „Eine Mitarbeiterin aus Japan hat mich darauf gebracht. Dort wird der junge Farn, dessen Spitzen wie ein Bischofsstab gerollt sind, als Wildsalat gegessen. Schmeckt wie Spargel.“

Klumpp experimentiert gerne mit den Gaben der Natur. „Vogelmiere wächst fast überall und schützt den Boden vor Austrocknung. Sie schmeckt leicht nussig und passt gut zu Zuckermais“. Später findet Klumpp zarte Tannenspitzen. Er kocht sie ein und zaubert später daraus ein Parfait, das ein Highlight jeder Wanderung ist. „Früher half das den Schwarzwaldbauern gegen Skorbut.“

Ein Drittel der 550 Kilometer Wanderwege Baiersbronns verlaufen gut markiert auf naturbelassenen Pfaden. Nach einiger Zeit taucht ein gedeckter Tisch inmitten des Waldes auf. Heidi hat Semmelknödel mit frischen Pilzen vorbereitet, die Klumpp mit einem Salat der gesammelten Wildkräutern anrichtet.

Das höchste Ziel der Wanderung ist eine Hütte oberhalb des Orts. Anstrengend war es nicht, knapp 200 Höhenmeter, trotzdem gibt's zur erneuten Stärkung eine Rinderfiletsülze vom Baiersbronner Rind und Hirschschinken, den Klumpp mit einer mit dem Rosengewächs Mädesüß aromatisierten Sahne bestreicht. „Früher taugte das zum Fiebersenken, denn es enthält Salicylsäure.“ Das kennt Carola aus dem Berufsleben, doch dass es so lecker schmecken kann, hätte sie nicht gedacht. Als die Wanderung nach vier Stunden endet, hat sie reichlich Anregungen im Gepäck, wofür Kräuter aus kulinarischer Sicht für ihre Küche taugen.

Mehrere Gastwirte aus dem Ort bieten die Touren an, bei dem sie an romantischen Plätzchen im Wald regionale Gaumenfreuden servieren. „Das sind recht anspruchsvolle Wanderungen“, sagt Verena Braun von der Baiersbronn Touristik. Da aber nicht jeder einen Führer braucht und möchte, hat das Team des Wander-Informationszentrums vier Genießerpfade angelegt, die Gäste auf Rundwanderungen zu den schönsten Vesperstuben und Hütten des Orts führen.

Auf einem der Genießerpfade wurde sogar ein Weinbrunnen installiert, an dem der Gast am Wegrand ein gutes Tröpfchen Weiß- oder Roséwein genießen kann, und in diesem Jahr entsteht ein kulinarischer Wildkräuterpfad.

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