Zehn Jahre Ruhrtalradweg: Duisburger Ende jetzt runderneuert
Duisburg (dpa) - Wer als Radfahrer im Duisburger Hafen nicht anhält, ist selber schuld. Wer es tut, kann etwa auf einem Schild lesen: „Respektieren Sie die hier wild lebenden Tiere.“ Und sieht Kaninchen davonhoppeln.
Aber auch dieses, alles auf einmal und in Bewegung: ein Binnenschiff auf der Ruhr, einen Güterzug mit Schüttgutwaggons, einen Kraftstoffsattelschlepper auf der A3-Ruhrbrücke, eine Frau, die ihren Hund auf einer gemähten Weide von der Leine lässt, eine Herde Schafe, die im hohen Gras weiden. Ein Imker hat zwischen Obstbäumen seine Völker aufgestellt. Ruhrtalradweg, das Duisburger Ende.
Wer an der Ruhrquelle im sauerländischen Winterberg gestartet ist, hat jetzt etwa 225 Kilometer in den Beinen und noch fünf vor der Brust. Doch warum überhaupt durch eine Industrieregion mit dem Rad fahren? Wer die Strecke gefahren ist, stellt die Frage nicht mehr.
Viele Radler starten im Sauerland. Mit Zug und Fahrrad im hoffentlich nicht allzu überfüllten RE57 nach Winterberg, obligatorisches Erinnerungsfoto an der Ruhrquelle und ab geht's. Vor allem bergab, ab und an auch mal bergauf, die Ruhrmündung liegt unterm Strich über 600 Höhenmeter unter der Quelle. Etwa 85 Prozent der Strecke führen laut Ruhr Tourismus über asphaltierte Radwege oder befestigte Waldwege ohne Autoverkehr.
Es geht durch dichte Wälder, vorbei an Weihnachtsbaumplantagen, entlang den malerischen Altstädten von Arnsberg, Fröndenberg oder Hattingen. Man sieht die Fördertürme ehemaliger Zechen, kommt an beliebten Ausflugszielen wie dem Kemnader See oder dem Baldeneysee vorbei. Und vor allem wundert man sich, wie grün und still Städte wie Essen oder Mülheim hier sind. Von der Betriebsamkeit des Ruhrgebiets ist an der Ruhr meist nicht viel zu spüren.
Die meisten Radler planen drei bis fünf Tagesetappen ein. Wer genug Zeit hat, hält an, bummelt, lernt kennen, speist und übernachtet. Gaststätten und Beherbergungsbetriebe freut's. Alle paar Kilometer kommt man an Hotels und Pensionen vorbei, die als Ruhrtalradweg-Gastgeber zertifiziert sind. Die Räder kann man fast immer in einer Garage unterstellen und dort auch die Akkus von Pedelecs aufladen. Wer nur eine Tagestour machen will, kann die Bahn nutzen: Im oberen Streckenabschnitt fahren die Züge des Sauerland-Express im Stundentakt, im Ruhrgebiet gibt es dann ohnehin ein enges Bahnnetz.
Im letzten Viertel durchquert der Radler immer mehr Hafenanlagen, sieht alte und neue Schleusen - und landet schließlich im Binnenhafen von Duisburg, der der größte der Welt sein soll. Das letzte Stück hat die Stadt auf knapp drei Kilometern jetzt runderneuert: Breitere und frisch asphaltierte Wege, neue Sitzgelegenheiten, Erklärtafeln und ein neuer Anstrich für die Skulptur „Rheinorange“. Die 25 Meter hohe obeliskartige Stahlstele steht auf einer Landzunge ganz am Ende des Radwegs an der Mündung der Ruhr in den Rhein. Wer noch weiter fährt, kriegt nasse Füße.
„Der Ruhrtalradweg macht die Faszination des Ruhrgebiets erlebbar“, sagt Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link (SPD) am Freitag bei der offiziellen Einweihung des für 1,6 Millionen Euro erneuerten Endes. Manchmal stimmen Phrasen auch. Er als „Gelegenheitsradfahrer“ sei den Weg zwar noch nicht gefahren, „Ich habe es mir aber fest vorgenommen“.
Auch der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) ist begeistert. Ein „tolles Entrée“ in den Radweg nennt Michael Kleine-Möllhoff, Vorstand im ADFC-Landesverband NRW, den modernisierten Abschnitt. Die wirtschaftliche Bedeutung der Route für die Tourismuswirtschaft sei nicht zu unterschätzen.
Auch der 82 Jahre Duisburger Klaus Reifenschneider fährt gern Rad, sein Leben lang schon, wie er erzählt. Den Ruhrtalradweg hat er mit seiner Frau schon mal bis zu Hälfte geschafft. „Radwege am Wasser sind sehr angenehm“, sagt er. „Man kann sich richtig erholen.“