Landgericht in Kleve fällt Urteil Freiheitsstrafen für Angeklagte im China-Schmugglerprozess
Kleve/Neuss. · Eine Neusser Firma war an dem illegalen Handel beteiligt.
Der China-Schmuggelprozess am Klever Landgericht hat sein Ende gefunden. Die Kammer verhängte am Freitag Freiheitsstrafen zwischen 21 und 45 Monaten gegen die vier Angeklagten.
„Lassen Sie mich beginnen mit einer kleinen Geschichte“, eröffnete Christian Henckel, Vorsitzender Richter der Wirtschaftsstrafkammer, die Urteilsbegründung. Man stelle sich vor eine chinesische Firma wolle einen Container voller Waren nach Polen liefern. Die Firma lasse diesen auf dem Seeweg nach Hamburg und dann per Lkw weiter nach Polen transportieren. Angemeldet werde der Transport in der EU für das sogenannte T1-Verfahren – ein Zollverfahren, das die Kontrolle des Containers bei irgendeinem Zollamt in Europa ermögliche. Gewählt werde ein Amt auf der direkten Strecke. Dieses überprüfe die Waren und erhebe die Zollabgaben. Auch die Umsatzsteuer werde in korrekter Höhe erhoben. So weit, so gut, so rechtskonform. Eine „ominöse Handelsfirma in Neuss“ mit illegalem Geschäftsmodell hätte es für diese Gangart nicht gebraucht, ebenso wenig einen Zolldienstleister in Köln oder gar Zollbeamte in Emmerich. „Nur war das hier nicht so“, sagte Henckel.
Fiskalischer Gesamtschaden
liegt bei sechs Millionen Euro
Der illegale Handel habe sich seit 2012 laut Auffassung der Kammer nämlich ganz anders gestaltet: Ein chinesischer Geschäftsmann namens X. habe die Waren von China aus an eigene Scheinfirmen in Polen geliefert. Der Schiffstransport nach Hamburg habe zwar stattgefunden, ebenso die Anmeldung zum besagten Versandverfahren in der EU. Zu Abgaben in rechtmäßiger Höhe sei es nicht gekommen. Denn die Container seien meist nicht zu einem Zollkontrolleur gelangt, geschweige denn auf den Boden des geografisch umwegig gelegenen, dennoch angemeldeten Emmericher Zollamtes. Stattdessen seien die Waren direkt nach Polen gegangen, und von dort aus wohl auf den Schwarzmarkt. Ermöglicht worden sei dies unter anderem durch Beamte des Emmericher Zollamtes, welche die Container als kontrolliert markiert haben, obwohl sie sie niemals sahen. Die Waren seien dabei „unterfakturiert“ gewesen, also mit zu geringen Werten angegeben, so der Vorsitzende. Der fiskalische Gesamtschaden betrage rund sechs Millionen Euro. Ermöglicht hätten dies auch die vier Angeklagten, welche jeweils wegen Beihilfe verurteilt wurden – als Koordinator in Polen, als Beschäftigte der Neusser Handelsfirma oder als Zolldienstleister in Köln. Eine Bewährungsstrafe bekam nur der Kölner Zolldeklarant, der mindestens in „stillschweigender Übereinkunft“ falsche Angaben an den Emmericher Zoll übermittelt habe. Die beiden Angestellten der Neusser Firma (zwei Jahre und neun Monate, zwei Jahre und elf Monate) hätten ebenso wissentlich mitgewirkt. „Der Container kann direkt nach Polen“, hieß es etwa in einer überwachten Mail, die einer der Neusser an einen Transporteur geschickt hatte.