Digitale Verunsicherung Einkaufstrip ins Internet: mehr Gebummel als Vergnügen
Der Onlinehändler wirft seinen Besuchern auf der Startseite das ganze Sortiment vor die Füße. Unendlich lang die Seiten, auf denen man gemächlich von oben nach unten scrollt, erst aus Interesse und dann im Wachschlaf, da das unsortierte Angebot ermüdend ist.
Da helfen auch Suchfunktionen und Filter nichts, die das Sortiment auf lagernde Einzelstücke reduzieren.
Das Gegenteil ist der Fall, sie erwecken den Eindruck, dass Programmierer und Kunden noch üben, die einen in virtueller Indizierung und die anderen in echter Geduld. So reißt das Nervenkostüm, bevor Jacke wie Hose gefunden werden. Hauptsache billig, denkt der Käufer, den ja nicht die Haute Couture ins virtuelle Ladenlokal lockt — die findet er in den Prachtstraßen — sondern die Ladenhüter, die durch Gutscheine und Rabatte, Sonderaktionen und Dumpingpreise attraktiv gemacht werden. Diese billige Existenzberechtigung, mit der digitale Resterampen in den Wettbewerb treten, lässt unsere Postfächer mit Gratisversprechungen und 80-Prozent-Reduktionen überquellen.
Der Wert des Kunden liegt anscheinend nicht im Kauf, sondern in seiner Verweildauer. So zieht sich der Bezahlprozess im Web-Shop lang wie das Anstehen an der Kasse im Ladenlokal. Da hilft bisweilen auch eine vorhandene Registrierung samt E-Mail-Adresse und Zugangscode gar nichts: In langwierigen Einzelschritten muss zunächst die Rechnungsadresse bestätigt, mit der identischen Lieferanschrift abgeglichen und ein Logistiker und eine Bezahlmethode ausgewählt werden. Erst dann schließt ein Mausklick den Kauf ab. Da geht einem die Eingabe des Gutscheincodes aus der E-Mail schon mal durch. Ärgerlich, denn nachträglich lässt sich das Guthaben nicht mehr aktivieren.
Man hat also wieder etwas gut, was nichts besser macht. Dass Lieferfristen nicht gehalten werden, Qualitäts- und Größenangaben falsch sind und die Verpackung zerbrechlicher ist als ihr fra- giler Inhalt, mündet unweigerlich in eine Rücksendung.
Und die kostet mehr Zeit, als wenn wir statt zur Paketaufgabe gleich in die Stadt gefahren wären. Da begleiten uns beim Einkaufsgebummel wenigstens statt Hotline-Stimmen echte Verkäufer.