Nokia Lumia 1020 im Test: Die Digitalkamera kann zu Hause bleiben

Vorne Smartphone, hinten Kamera. Nokias Lumia 1020 will sowohl Spitzensmartphone als auch Spitzenkamera sein. Grund genug, diesen Anspruch gründlich auf die Probe zu stellen.

Foto: Nokia

Spitzenmodell oder nicht, das ist bei Nokias Lumia 1020 die Frage. Mit dem Lumia 920, 925 und 1520 sind derzeit bereits drei hochpreisige Windows Phone 8-Smartphones der Oberklasse auf dem Markt — das Lumia 1020 hat etwa deren Leistung in Sachen Hardware, bringt aber noch als Alleinstellungsmerkmal eine hochauflösende Kamera mit.

Das Nokia Lumia 1020 im Kamera-Griff mit Extra-Akku und Handgriff.

Foto: tsn

Im Inneren des 158 Gramm schweren Telefons arbeitet ein Doppelkernprozessor mit 1,5 Gigahertz, dazu gibt es im Testgerät 32 Gigabyte Festspeicher (27 Gigabyte davon sind beim Start verfügbar) und zwei Gigabyte Arbeitsspeicher. Speicheraufrüstung per SD-Karte gibt es nicht. Als Display ist ein lichtstarkes OLED mit einer Auflösung von 1280 zu 768 Pixeln verbaut. Es lässt sich auch bei direkter Sonneneinstrahlung gut ablesen, Fotos im Sommer sollten also kein Problem sein.

Das Nokia Lumia 1020 im Test
16 Bilder

Das Nokia Lumia 1020 im Test

16 Bilder

Als Akku kommt eine 2000 Milliamperestunden (mAh) fassende Lithium-Ionen-Batterie zum Einsatz. Sie ist leider fest verbaut und bringt das Telefon gut über den Tag, Nokia verspricht 16 Tage Stand-by, 13 Stunden Dauersprechzeit oder 6,7 Stunden Internet über W-Lan. In der Praxis (mit vielen Fotos, Musik hören, Internet, E-Mails und Apps) hielt das Telefon in der Regel 1,5 bis zwei Tage durch, bevor es wieder an die Steckdose musste. Per Zubehör lässt sich die Funktion des drahtlosen Laden nachrüsten. Dann wird das ohnehin schon recht sperrige Smartphone allerdings noch dicker.

Das bei weitem interessanteste Feature am Lumia 1020 ist die gut sichtbare Kamera. Sie ragt auf der Rückseite einen guten halben Zentimeter aus dem Gehäuse heraus. Nach dem 808 PureView, das Nokia noch ohne Windows Phone herausbrachte, ist das Lumia 1020 nun das erste Smartphone auf Windows Phone-Basis mit einer derart hochauflösenden Kamera. 7712x5360 Pixel beträgt die Auflösung des Sensors. Nutzt man das Bildformat 16:9 wird die Breite komplett ausgenutzt, im Format 4:3 die Höhe. Von den 41 angegebenen Megapixel bleiben so effektiv 38 übrig. Im normalen Fotobetrieb werden mehrere Pixel zusammengefasst, so dass ein Bild mit einer Auflösung von rund fünf Megapixeln entsteht — entsprechend hoch fällt bei dieser Technik die Lichtempfindlichkeit aus.

Für Detailaufnahmen aus der Entfernung lässt sich wahlweise ein einzelner Bildauschnitt wählen, oder im Standardmodus dreifach zoomen. Gegen starkes Verwackeln hilft ein optischer Bildstabilisator im Objektiv der Kamera, ein kräftiger Xenon-Blitz und eine Foto-LED sorgen für die Ausleuchtung der Bild im Nahbereich (bis zu vier Meter). Beeindruckende Ausstattungsdaten — auch in der Praxis überzeugt die für Smartphone-Verhältnisse etwas sperrige Kamera.

Mit ihrem großen Aufnahmewinkel (Brennweite 26 mm Kleinbildäquivalent) bei gleichzeitig geringer Verzerrung und der hohen Lichtstärke (Blede 2,2) liefert sie in den meisten Situationen gute Ergebnisse. Besonders im Nah- und Mittelbereich sind die Aufnahmen farbecht und bis ins Detail klar (Beispiele in der angehängten Fotogalerie). In der Entfernung und bei höherem Zoom nimmt die Detailtreue allmählich ab. Im direkten Vergleich liefert das Zoom-Objektiv der Galaxy S4 Zoom von Samsung in der Distanz besere Bilder. Doch im Vergleich zur Pureview-Kamera des Lumia 925 und auch zur 20,7-Megapixel-Kamera in Sonys Xperia Z1 und Xperia Z1 compact, steht sie ziemlich gut da. Die Aufnahmen sind in den meisten Fällen so gut, dass man die Digitalkamera häufig zu Hause lassen kann.

Ach ja, ganz nebenbei ist Nokias Lumia 1020 ein brauchbares Smartphone. Von der Telefonleistung her ist es nahezu identisch mit dem Lumia 925 und dem Lumia 920, mit dem es sich auch weitgehend die aus einem Stück gefertigte Kunststoffhülle teilt. Umgebungsgeräusche kommen beim Gesprächspartner nicht an, laut schreien muss man auch nicht — selbst wenn man in der lauten U-Bahn fährt.

Ebenfalls installiert ist das Amber-Update für Windows Phone 8, das einen erweiterten Sperrbildschirm mit mehr Informationsmöglichkeiten und verbesserte Möglichkeiten zur Speicher- und Datenvolumenüberwachung mitbringt.

Was das Lumia 1020 von anderen Telefon abhebt sind auch Sonderfunktionen wie RDS UKW-Radio und die integrierte Navigationslösung Nokia Drive+ Beta, die schon in früheren Modellen der Lumia-Reihe mit On- und Offlinenavigation ein Verkaufsargument waren. Da wird die Kamera mit Telefonanschluss gleichzeitig noch zum Navigationsgerät.

Durch den Fokus auf die Kamerafunktion hat das Lumia 1020 allerdings ein Ergonomieproblem. Als Kamera ist es nicht wirklich ein Handschmeichler. Deshalb bietet Nokia ein umfangreiches Zubehörpaket an. Unter anderem gibt es einen aufsteckbaren Handgriff mit eingebautem Akku, der zum einen die Akkulaufzeit deutlich verlängert. Zum anderen ermöglicht der Griff, das Telefon bequem wie eine Kompaktkamera zu halten. Durch einen oben rechts platzierten Auslöseknopf und die zusätzliche Präzision gelingen die Aufnahmen noch eher. Mittels des Gewindes an der Unterseite des Griffs kann das Telefon außerdem noch auf Normstative geschraubt werden.

Für diesen Luxus muss der Nutzer zusätzlich 50 Euro auf den Ladentisch legen. Nerviger Nebeneffekt des Kameragriffs ist allerdings, dass man das Telefon im angesteckten Zustand nicht mehr ausschalten kann. Solange noch Energie im Akku des Zubehörteils steckt, schaltet sich das Lumia 1020 immer wieder an.

Fazit: Die Symbiose aus Kamera und Smartphone ist Nokias Lumia 1020 auf erstaunliche Art gelungen. Es ist sowohl ein anständiges Smartphone als auch eine vielseitige Kamera. Zwar sind Konkurrenten wie die Xperia Z1-Modelle deutlich handlicher und punkten mit einer wasserdichten Hülle, und sogar die Konkurrenz Lumia 925 aus dem eigenen Haus liegt leichter in der Hand, doch für anspruchsvollere Unterwegsknipser bietet das Lumia 1020 einfach am meisten. Doch wo Licht ist, ist auch Schatten — zumindest ein wenig: Punktabzug gibt es für den fest eingebauten Akku und die fehlende Möglichkeit zur Speichererweiterung.