Fakten & Fälschungen Sputnik erfindet Twitter-Sturm gegen transsexuelle Offizierin aus Krefeld

In unserer Rubrik "Fakten & Fälschungen" geht es diesmal darum, wie "Sputnik" aus 13 Twitter-Nutzern, die etwas gegen eine transsexuelle Offizierin aus Krefeld haben, einen Twitter-Sturm konstruiert.

Die 43-jährige Anastasia Biefang ist eine der wenigen Frauen, die bei der Bundeswehr arbeiten.

Foto: M. Höner

Neuland. Haben Sie auch ganz entzündete Augen vom zugigen Blick durch den Briefschlitz, ob der Russe nicht doch schon vorm Reichstag steht und wir alle bald im Keller Socken für die Ostfront häkeln müssen, weil die Bundeswehr ja jetzt von selbstmordgefährdeten Transsexuellen übernommen wird? Nicht? Ach! So ähnlich behauptet das aber Putins staatliche Desinformations-Schleuder „Sputnik“ auf ihrer englischsprachigen Seite unter der Überschrift „Bundeswehr-Beförderung einer Transgender-Person zum Kommandeur entzündet Twitter-Sturm“ (Sputnik und RT werden hier nicht verlinkt).

Hintergrund ist die Beförderung der Krefelderin Anastasia Biefang zur Kommandeurin des Informationstechnikbataillons 381 im brandenburgischen Storkow. Die 750 Soldatinnen und Soldaten des Bataillons versorgen die Truppe bei In- und Auslandseinsätzen mit mobilen Datenverbindungen. Was „Sputnik“ umtreibt: Oberstleutnant Anastasia Biefang (43) war früher einmal ein Mann (siehe goo.gl/6XUcgn). Was Sputnik einen „Twitter-Sturm“ nennt, sind ganze 13 Tweets, die die Seite (übrigens nicht auf ihrem deutschen Ableger) zitiert. Diese stürmischen 13 finden es natürlich „empörend“ und äußern, dass „geistig instabile Menschen mit einer hohen Selbstmordrate kein Armee-Material“ sind.

Die Alliance for Securing Democracy (securingdemocracy.gmfus.org) merkt in ihrem wöchentlichen Newsletter an, dass die meisten der 13 Twitter-Nutzer „weniger als 1000 Follower hatten und viele der geteilten Tweets weniger als fünf Likes oder Retweets. Der ,Sturm‘ scheint daher bestenfalls wie eine vorbeiziehende Dusche zu sein - eine, die wahrscheinlich unbemerkt geblieben wäre, wenn Sputniks Verstärkung nicht stattgefunden hätte.“ Interessant ist zudem der Zeitpunkt der Veröffentlichung: Das Bundeswehr-Magazin „Y“ hatte bereits am 1. Dezember 2016 über Anastasia Biefang berichtet (goo.gl/seKG4y), wahrscheinlich ist den Kreml-Trollen aber erst der RBB-Bericht über die Kommando-Übernahme in Storkow aufgefallen (goo.gl/QBBPsK).

Am 2. November findet auf dem Marktplatz von Storkow unter Führung von Anastasia Biefang ein öffentliches Gelöbnisses von Rekruten statt. Ihr Vorgänger als Kommandeur, Thorsten Niemann, lebte übrigens offen schwul. Sexuelle Vielfalt ist beim Informationstechnikbataillon 381 also kein Novum. Und um Sputniks Sorge um die Eignung zu beantworten: Wer sollte besser zur Verteidigung eines Landes geeignet sein als top ausgebildete Kommandeure, die aus eigenem Erleben wissen, wie wertvoll eine Verfassung ist, die die Gleichheit der Verschiedenen schützt?