Fakten & Fälschungen Wie Claus Kleber auszog, um ganz allein die Wahrheit zu retten

Neuland. Laut Verlag ist es „ein flammendes Plädoyer für die Unabhängigkeit der Medien“, laut „Welt“ ist es eine schwer erträgliche „Imagebroschüre fürs ZDF“ (goo.gl/7oqQcb): In der Ullstein-Reihe „Streitschrift“ hat Claus Kleber (ZDF heute-journal) ein dünnes Buch mit dicker Überschrift veröffentlicht: „Rettet die Wahrheit“, 94 Seiten, acht Euro.

Claus Kleber.

Foto: Fredrik von Erichsen

Das schmale Bändchen hätte auch „Retter der Wahrheit“ heißen können, höhnt die „Welt“, denn als solcher scheine sich Kleber zu sehen.

Aus Sicht von Zeitungs-Journalisten ist Klebers Text in der Tat anmaßend, was die leicht realitätsverlustige Selbsteinschätzung der Öffentlich-Rechtlichen Gebühren-Funker angeht. So zum Beispiel, wenn Kleber über Außenminister Gabriel schreibt, dieser habe eine bestimmte Äußerung leider „nur in einem Zeitungsinterview“ getan und dem Fernsehen kein Interview gegeben: „Ein alter Trick: auf die Pauke hauen und wegrennen.“ Wir lernen: Kleber lebt in einer Welt, in der ARD und ZDF die Besitzer der Öffentlichkeit sind; sich ihnen zu verweigern, ist Majestätsbeleidigung. Kleber vermittelt ein schlicht falsches Bild davon, wo in Deutschland die systemrelevante journalistische Leistung erbracht zu Rettung der Wahrheit erbracht wird.

Aber: Unter der Kapitel-Überschrift „Fakten und Wahrheit“ enthält das Buch ab Seite 42 eine der besten Beschreibungen, welche gesellschaftlichen Erosionen in den USA zum Aufstieg Donald Trumps geführt haben, und wie der Untergang von Hillary Clinton begann, lange bevor der Begriff „Fake News“ Karriere machte. Kleber bringt auf den Punkt, was Trumps und Putins „Fake News“-Strategien von „alter“ Propaganda unterscheidet und erfolgreich macht: Sie erzählen keine eigenen Geschichten: „Es reicht, in andere Geschichten soviel Zweifel zu streuen, dass niemand sie mehr glaubt.“

Kleber verweist an dieser Stelle auf Interview-Aussagen von Hannah Arendt (hier das Original auf Englisch: goo.gl/KWcbKT), die 1973 erklärte, was mit einem Volk passiert, das ständig belogen wird und nichts mehr glauben kann: „Ihm wird nicht nur die Fähigkeit geraubt, zu handeln, sondern auch die Fähigkeit, zu denken und zu urteilen. Mit so einem Volk kann man machen, was man will.“ Es ist daher ganz gut, dass die Lügner in unserem Land noch ein paar Gegner mehr haben als bloß Claus Kleber.