Eurovision-Song-Contest Jamie-Lee Kriewitz werden wenig Chancen beim ESC eingeräumt

Kurz vor dem ESC-Finale machen die Wettquoten Deutschland wenig Mut: Jamie-Lee ist weit abgeschlagen. Neue Regeln machen Vorhersagen aber schwerer.

Zumindest bei den Fans sehr beliebt: Jamie-Lee Kriewitz kommt zur 25. Verleihung des Deutschen Musikpreises Echo im April.

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München (AFP). Allmählich wird es ernst für Jamie-Lee Kriewitz: Die Proben für das Finale des Eurovision Song Contest (ESC) am kommenden Samstag laufen. Dazu kommen PR-Termine, um sich in den Teilnehmerländern einen Namen zu machen. Die 18-Jährige mit den durch ihre Manga-Leidenschaft geprägten schrillen Outfits hat da als Deutschlands Starterin großen Nachholbedarf - in den Wettbüros ist sie weit abgeschlagen.

Geht es nach den zuletzt treffsicheren Buchmachern, dürfen sich Russland und Frankreich derzeit die besten Chancen auf einen Sieg beim zum 61. Mal stattfindenden ESC ausrechnen. Auch die Ukraine, Gastgeber und Vorjahressieger Schweden und das nun das zweite Jahr in Folge antretende Australien stehen auf der Wettbüro-Übersichtsseite www.oddschecker.com vorne.

Jamie-Lee dagegen liegt kurz vor den beiden Halbfinals, in denen am Dienstag und Donnerstag zu den schon feststehenden sechs Finalisten jeweils zehn weitere Finalisten ermittelt werden, abgeschlagen in der unteren Hälfte der momentan 42 Starterländer.

Droht dem zu den sechs gesetzten Startern zählenden Deutschland also im mit 26 Startern stattfindenden Finale eine Verlängerung des von ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber als "annus horribilis" bezeichneten Jahrs 2015? Zuerst hatte damals Vorentscheid-Sieger Andreas Kümmert hingeworfen, Kümmerts Ersatz Ann Sophie wurde mit null Punkten im ESC-Finale in Wien Letzte.

Und im Herbst scheiterte Schreiber mit seiner Idee, Xavier Naidoo ohne Vorentscheid zu Deutschlands Starter zu küren. Nach Vorwürfen der Homophobie und des Rechtspopulismus lud die ARD Naidoo wieder aus.

Es scheint also gewagt, wenn Schreiber nun etwa in der Illustrierten "Prinz" für Jamie-Lee mit ihrem Lied "Ghost" eine Top-Ten-Platzierung als Ziel ausgibt. Die Sängerin will sich selbst offenbar aber keinen Druck machen. "Ich bin total gespannt, wie die Stimmung im Saal sein wird und auf welchem Platz ich lande", sagte sie gerade der "Deutschen Welle". Eine Festlegung auf einen bestimmten Platz vermied die Newcomerin dabei.

Etwa 200 Millionen Menschen dürften am Samstagabend wieder weltweit live im Fernsehen zusehen. Darunter auch viele Fans im ESC-verrückten Australien und auch in den USA, wo es ebenfalls erstmals eine Live-Übertragung geben wird. Das untermauert den in den vergangenen Jahren stetig gewachsenen Stellenwert der Show als populärster Musikwettbewerb.

Für Spannung und eine gewisse Verunsicherung sorgt im Vorfeld die radikale Regeländerung, die die Organisatoren dem Wettbewerb verpassten. Die Wertungen der Jury und des Publikums werden getrennt - statt einmal zwölf Punkte gibt es nun zweimal zwölf Punkte. Wie und ob sich dies auswirken wird, ist offen.

Im vergangenen Jahr war Italien zwar beim Publikum der beliebteste Starter, in der Summe aus Jury und Publikum hätte allerdings auch mit den neuen Regeln unverändert der Schwede Mans Zelmerlöw gewonnen. Der Effekt der größten Regeländerung seit 40 Jahren ist also noch nicht absehbar - und auch nicht, ob Jamie-Lee davon profitieren oder darunter leiden wird.

Die deutsche Starterin stellte sich kurz vor dem ESC-Finale in die Tradition ihres großen Vorbilds. So wie Lena Meyer-Landrut bei ihrem Sieg 2010 nur als Lena auftrat, entschied sich auch Jamie-Lee, nur unter ihrem Vornamen anzutreten.

Auch die zweite deutsche ESC-Gewinnerin Nicole war 1982 nur unter ihrem Vornamen angetreten. Die Kehrseite: Auch Ann Sophie versuchte bei ihrem Desaster im vergangenen Jahr ohne Nachnamen ihr Glück.