Corona-Lage Angela Merkel macht Hoffnung auf Sommerurlaub - auch für Ungeimpfte

Berlin · Mit dem warmen Wetter kommen auch bessere Corona-Nachrichten: Die Ansteckungszahlen sinken weiter, die Lage in den Kliniken entspannt sich und die Kanzlerin hält Sommerurlaub für möglich - auch für Ungeimpfte.

Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht auf einer Pressekonferenz zum informellen EU-Gipfel und dem EU-China-Gipfel.

Foto: dpa/John Macdougall

Nach monatelangen harten Corona-Einschränkungen steigt die Hoffnung auf eine Normalisierung der Lage und eine Überwindung der Pandemie. Das Robert Koch-Institut meldete am Wochenende erneut sinkende Ansteckungszahlen, Intensivmediziner berichteten von einem Rückgang der Zahl der Covid-Patienten und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich optimistisch, dass Sommerurlaub in Europa auch für Ungeimpfte möglich sein wird.

Für vollständig Geimpfte und Genesene wurden am Sonntag wesentliche Freiheitsbeschränkungen bundesweit wieder aufgehoben. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) stellte zudem eine schrittweise Aufhebung der Corona-Maßnahmen insgesamt in Aussicht, sobald alle ein Impfangebot erhalten haben.

Wenn man sehe, welche niedrigen Inzidenzen einige europäische Partnerländer wie Portugal jetzt schon hätten, „dann bin ich sehr hoffnungsfroh, dass wir auch insgesamt uns das leisten können, was auch im vergangenen Sommer möglich war“, sagte Merkel am Samstag nach dem EU-Gipfel in Porto, zu dem sie aus Berlin zugeschaltet war. „In Deutschland scheinen wir auch die dritte Welle gebrochen zu haben.“ Die Kanzlerin betonte auf Nachfrage, die Möglichkeit eines Sommerurlaubs in Europa gelte „selbstverständlich“ auch für Ungeimpfte, wie im vergangenen Jahr.

Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete am Samstag 15 685 festgestellte Neuansteckungen binnen eines Tages, 3250 weniger als am Samstag vor einer Woche. Am Sonntag waren es 12 656 neu gemeldete Fälle, 3634 weniger als am Sonntag der Vorwoche. Die Zahl der Covid-Patienten auf Intensivstationen geht ebenfalls zurück. „Worüber wir sehr froh sind“, sagte Gernot Marx, Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), am Sonntag in einem Video-Statement.

Er sprach von aktuell rund 4600 Patienten. Im März und April war die Zahl deutlich gestiegen. Dann habe der Wert etwa 10 Tage lang auf einem Plateau von etwa 5000 gelegen, sagte Marx. Er erinnerte auch daran, dass es immer noch sehr viele Corona-Patienten seien und täglich neue Schwerkranke aufgenommen würden. Nach wie vor sei die Lage in vielen Kliniken angespannt.

Bei der sogenannten Sieben-Tage-Inzidenz liegt die Hälfte der Bundesländer mittlerweile wieder unter der Schwelle von 100. Die verschärften Kontaktregeln und die Ausgangsbeschränkungen im Rahmen der Bundes-Notbremse können in einem Kreis oder einer Stadt wieder außer Kraft gesetzt werden, wenn der Wert dort an fünf Tagen hintereinander unter 100 liegt.

Für vollständig Geimpfte und Genesene gibt es bereits jetzt Erleichterungen. Mit Inkrafttreten einer entsprechenden Ausnahmeverordnung dürfen sie sich seit Sonntag im privaten Rahmen wieder ohne Einschränkungen mit anderen Menschen treffen. Auch die nächtlichen Ausgangsbeschränkungen und Quarantäneregeln nach Reisen gelten für sie nicht mehr, es sei denn sie reisen aus einem Virusvariantengebiet ein. Geimpfte und Genesene müssen beim Einkaufen oder beim Friseur auch keinen negativen Test mehr vorweisen. Die Maskenpflicht an bestimmten Orten und das Abstandsgebot im öffentlichen Raum gelten aber weiterhin für alle.

Vollständig geimpft sind nach RKI-Angaben vom Samstag bisher knapp 7,6 Millionen Menschen in Deutschland (9,1 Prozent). Fast 27 Millionen Menschen haben eine Erstimpfung erhalten (32,3 Prozent). Vor allem der ältere Teil der Bevölkerung ist zunehmend geimpft.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht warnte davor, Impfausweise zu fälschen oder gefälschte Dokumente zu nutzen. „Wer dies tut, setzt andere der Gefahr einer schweren Erkrankung aus und verhindert eine wirkungsvolle Bekämpfung der Pandemie“, sagte die SPD-Politikerin der „Welt am Sonntag“. Dies sei eine Straftat, die mit empfindlicher Geldstrafe oder mit Freiheitsstrafe geahndet werden könne.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, warb für einen Geist des „Gönnen-Könnens“. Er ermutige alle, die noch nicht gegen das Coronavirus geimpft seien, dazu, sich mit den bereits Geimpften zu freuen, die nun ohne Risiko bestimmte Freiheiten wieder genießen können, sagte er am Samstag in Hannover.

Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Alena Buyx, forderte dagegen auch Rücksicht von Geimpften: „Seid nett (...), ein bisschen Rücksicht und Anerkennung dafür, dass das jetzt eine schwierige Übergangsphase ist, und dann haben wir das hoffentlich alle hinter uns“, sagte sie in Berlin. In den Zeitungen der Funke-Mediengruppe sagte Buyx, Geimpfte hätten gegenüber jungen Menschen einen „doppelten Vorteil“. Sie seien geschützt und dürften mehr. Damit gebe es ein echtes Solidaritäts- und Gerechtigkeitsproblem mit sozialer Spannung. „Man muss aufpassen, dass die Spannung nicht zur Spaltung wird.“

Spahn machte am Samstag jungen Menschen Hoffnung, ebenfalls bald beim Impfen zum Zuge zu kommen. „Der Juni ist nicht mehr lange hin. Es geht jetzt noch um wenige Wochen. Dann werden wir auch allen über 16-Jährigen ein Impfangebot machen können“, sagte er in Berlin. Der Gesundheitsminister rechnet mit einer schrittweisen Aufhebung der Corona-Maßnahmen, wenn alle Menschen ein Impfangebot erhalten haben, selbst wenn eine bestimmte Anzahl von Menschen ungeimpft bleibt. „Zug um Zug (...) bis wir wieder in einem Alltag sind, so wie er vorher war“. Wenn jemand sage, für ihn gebe es dieses Virus nicht oder er sehe das anders mit den Risiken, „der kann ja nicht erwarten, dass wir alle dann Maske tragen, um ihn zu schützen“.

(dpa)