Jurymitglied Burkhard Hintzsche: "Es ist wichtig, die Eltern einzubeziehen"

Jurymitglied Burkhard Hintzsche über Schulen im Wandel, neue Partner und alte Werte.

Herr Hintzsche, wundern Sie sich manchmal darüber, was die Schulen alles auf die Beine stellen?

Hintzsche: Es ist enorm, was alle am Bildungssystem Beteiligten — Schüler, Lehrer, Eltern, außerschulische Bildungspartner — im, um oder nach dem Unterricht leisten. Trotz der Vielzahl von Vorschriften und Erlassen schaffen sie sich den notwendigen Raum für anregende und kreative Bildungsangebote.

Sie begleiten den Schulpreis von Anfang an, haben sich die Schwerpunkte an den Schulen verändert? Wie verändert sich generell der Lebensraum Schule?

Hintzsche: Durch den Ausbau der Ganztagsangebote im Primar-, aber zunehmend auch im Sekundarbereich hat sich Schule von einem Ort des Lernens hin zu einem Lebensraum entwickelt, in dem auch Fachleute aus den Bereichen Jugendhilfe, Kultur und Sport gestaltend mitwirken. Die eingereichten Wettbewerbsbeiträge umfassen eine Vielzahl von Kooperationspartnern und zeugen von einem ganzheitlichen, nachhaltigen Bildungsverständnis.

Für die Jury ist die Auswahl sicher nicht einfach ?

Hintzsche: Die Wettbewerbsbeiträge sind, jeder für sich, ausgezeichnet. Dennoch war sich die Jury einig, dass einige Schulen sich in besonderer Weise engagieren und dafür einen Preis erhalten sollen. Dies schmälert nicht die Verdienste aller Schulen, die sich beworben haben.

Bei vielen Projekten sind auch Eltern eingebunden, ein Trend?

Hintzsche: Die Arbeit mit den Eltern war immer und ist auch weiterhin ein bedeutender Bestandteil der Bildung und Erziehung in Schulen. Für die Schulen wie für die vielen außerschulischen Kooperationspartner ist es wichtig, dass die Eltern mit in das Gelingen von Bildungsprozessen einbezogen werden. Auch wenn sie in Zeiten des Ganztages weniger Zeit zu Hause verbringen, sind für die Kinder die Eltern nach wie vor die wichtigsten Bezugspersonen.

Die Bewerbungen zeigen auch: Schulen verwenden viel Energie auf Werteentwicklung, Erziehung. Ist das natürliche Aufgabe oder bleibt den Schulen schlicht nichts anderes übrig?

Hintzsche: Diese Frage finde ich spannend, weil es schon immer im Rahmen ihres Bildungsauftrages Aufgabe von Schule war, junge Menschen im Geist der Menschlichkeit, Demokratie und Freiheit zu erziehen. Bildungsarbeit war und ist wertgebundene Arbeit. Durch die flächendeckende Einführung von Schulsozialarbeit an allen Schulstandorten mit sozialem Handlungsbedarf ist es zudem gelungen, diese Schulen gezielt in ihrer Arbeit mit Kindern aus sozial schwächeren Familien zu unterstützen.

Die Kitas tauchen zunehmend in den Bewerbungen der Grundschulen auf. Ist das Teil einer allgemeinen Entwicklung?

Hintzsche: Kitas und Grundschulen sind schon in der biographischen Entwicklung von Kindern natürliche Partner. Die Stadt betrachtet alle Bildungsangebote für Kinder von 0 bis 10 Jahren schon lange als eine Einheit. Das Vorziehen des Einschulungsalters, die Gestaltung von Bildungsprozessen, das Management des Übergangs von der Kita hin zur Grundschule nehmen in der praktischen Arbeit von Jugendhilfe und Schule einen immer größeren Raum ein. Gegenseitige Hospitationen und Fortbildungen der pädagogischen Fachkräfte führen zunehmend zu einem gemeinsam getragenen Bildungsverständnis. Es spricht für das Selbstverständnis und das Selbstvertrauen der Kitas, dass sie sich um den Schulpreis bewerben.

Viele denken beim Beruf Lehrer an frühen Arbeitsschluss. Der Schulpreis zeichnet ein anderes Bild, oder?

Hintzsche: Lehrerinnen und Lehrer haben bei der Vor- und Nachbereitung des Unterrichts schon immer viel Zeit für die Schule aufgewandt, nur war dies in der klassischen Halbtagsschule weniger sichtbar. Die Arbeitszeit des Lehrers ist durch die Ausweitung des Ganztags aber nicht nur optisch länger, sondern aufgrund der Vielzahl von Bildungspartnern aus den Bereichen Jugendschilfe, Kultur und Sport auch komplexer geworden. Die Wettbewerbsbeiträge für den WZ-Schulpreis zeigen, mit welchem Engagement alle schulischen und außerschulischen Partner die gemeinsamen Stärken für die Umsetzung innovativer Ideen nutzen, um neben dem schulischen auch das soziale und emotionale Lernen zu fördern.