WZ-Schulserie Die Schule, die ihre Wurzeln nicht vergisst
Düsseldorf · In unserer Serie stellen wir die Schulen der Stadt vor. Unsere Autoren besuchen die Einrichtungen an einem normalen Schultag und berichten davon. Am Ende des Jahres wählt eine Jury die Träger des Schulpreises, den WZ und Stadtwerke vergeben. Dieses Mal: die Max-Schule in der Altstadt.
Ob die Redakteurin der WZ so kurz vor den Ferien in der Schule noch vorbeischauen soll? Das muss Annette Kessing erst einmal mit denjenigen besprechen, um die es geht. „Ich kann nichts von Kinderrechten predigen und die Schüler im Alltag übergehen und etwas über ihre Köpfe hinweg vereinbaren“, sagt die Schulleiterin am Telefon. Wie gut, dass es von den Kinder ein einhelliges Okay gibt und die Viertklässler der geschichtsträchtigen Grundschule in der Altstadt nur allzu gerne aus ihrem Schulleben berichten - Ferien hin oder her.
Die Schule an der Citadellstraße wurde bereits im Jahre 1695 von den Franziskanern des angrenzenden Klosters als Laienschule gegründet. Schon vor der Einführung der allgemeinen Schulpflicht wurde dort 1804 eine Knaben- und Mädchenschule eingerichtet. Hinzu kam eine Armenschule. Da das Schulgebäude baufällig war, wurde der Neubau im Jahre 1854 errichtet. Bis 1879 wurden Mädchen und Jungen in getrennten Schulsystemen in der Schule unterrichtet. Heinrich Heine ging von 1804 bis 1807 in die Max-Schule - und bekam dort auch seine ersten Prügel, heißt es.
Klassenräume und Lehrerzimmer liegen auf einer Etage
Heute ist die katholische Schule mit 110 Schülern in vier Klassen eine der kleinen Grundschulen in Düsseldorf. Und genau das schätzen die Kinder an ihrer Schule. „Sie ist klein und kompakt. Man kennt jeden und weiß oft auch, wie alt er ist“, sagt Jakob aus der vierten Klasse. Seine Mitschüler pflichten ihm bei: „Es ist übersichtlich, wir können uns nicht verlaufen. Das ist besonders gut für die jüngeren Schüler“, meint Nina. Und Siab sieht es ganz praktisch: „Weil die Schule so klein ist, müssen wir auch nicht so viel hin- und herlaufen.“
Die vier Klassenräume liegen auf einem Flur, an seinem Ende liegt das kleine Lehrerzimmer mit dem angrenzenden Büro der Schulleiterin. Auch heute stehen wieder beide Türen offen. Milan kommt herein und öffnet nach einem höflichen Gruß in das Nebenzimmer den kleinen Kühlschrank im Lehrerzimmer. Er möchte seine selbstgemachten Pralinen abholen und sie unter Lehrern und Schülern verteilen. Die Idee dazu entstand im Sachunterricht, als Milan und die anderen Viertklässler Produkte auf dem Papier entwickelten und dafür Werbung gestalteten. Heute hat der Blondschopf unaufgefordert den Beweis erbracht, dass die schokoladigen Häppchen nicht nur auf dem Papier super ankommen.
Besonders stolz sind die Kinder auf das Schulmuseum
105 der 110 Kinder besuchen den offenen Ganztag. Nach dem Unterricht und dem Mittagessen in der Mensa, in der die Kinder in mehreren Schichten essen, können die Kinder zwischen verschiedenen OGS-Angeboten wie Fußball, Tanz, Gitarre, Schach , Kunst oder auch Theater wählen. Weil der Großteil der Kinder die OGS besucht, werden einige künstlerische Angebote in den Vormittag gelegt. „Der Stundenplan ist so gestaltet, dass Kinder aus dem regulären Kunst- oder Musikunterricht für eine bestimmte Zeit in Kleingruppen unterrichtet werden. Das bedeutet nicht nur eine Entlastung der Klasse, sondern auch eine individuelle Förderung besonderer künstlerischer Begabungen“, meint Annette Kessing. Langjährige Kooperationen mit kulturellen Institutionen, regelmäßig angebotene Tanz- und Theater-Projekte und Elterninitiativen wie eine Film-AG runden laut Kessing das kulturelle Profil der Schule ab.
Besonders stolz sind die Schüler auf das Schulmuseum und das historische Klassenzimmer im zweiten Obergeschoss. Beide Räume können nach Absprache besichtigt werden - nicht nur von den Schülern der Max-Schule. Regelmäßig besuchen andere Schulklassen oder Gruppen die beiden Räume. Dann lernen Besucher alles über die Schulordnung aus dem Jahr 1920, dürfen wie früher mit einem Griffel auf einer Schiefertafel Buchstaben der Sütterlin-Schrift schreiben und erfahren, dass Kinder früher oftmals mit dem Schlagstock diszipliniert wurden. Heute schlüpft Hannah in die Rolle des Lehrers, Milly und ihre Mitschülerinnen nehmen an den Pulten Platz. Die Kinder lieben es, auf Zeitreise zu gehen und haben jüngst den Wunsch geäußert, künftig einmal in der Woche eine Stunde im historischen Klassenzimmer unterrichtet zu werden. Ein Wunsch, der im Schülerparlament geäußert wurde und dessen Umsetzbarkeit gerade von Schulleitung und Lehrern geprüft wird.
Die Kinder auf ein Leben in einer demokratischen Gesellschaft vorzubereiten und sie in der Entwicklung zu mündigen Bürgern zu fördern, betrachtet Annette Kessing als eine der wichtigsten Aufgaben der Schule. „Kinder müssen sich ernstgenommen fühlen. Sie müssen die Erfahrung machen, dass ihre Meinung zählt“, sagt die Schulleiterin. Deshalb haben die Schüler nicht nur gelernt, in einer Gruppe mit vielen verschiedenen Wünschen und Meinungen demokratisch eine Lösung zu erarbeiten, sie haben auch in der Altstadt und Carlstadt rund 60 Geschäfte davon überzeugt, Kindern als Notinsel zu dienen. Sie haben erfahren, dass in anderen Ländern Kinderrechte missachtet werden und Spenden für Unicef gesammelt. „Und sie haben gelernt, dass die Freiheit des Einzelnen dort endet, wo die Freiheit des Anderen beginnt“, zitiert Annette Kessing Immanuel Kant. Den Beweis für diese Erkenntnis hält Ana stolz in den Händen: den Friedenspokal. Den erhält die Schulklasse, die sich eine Woche lang nicht gestritten hat. Mal sehen, wie lange die Klasse ihn verteidigen wird.
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