Eröffnung am Schadowplatz: Pro und Contra zum Projekt Kö-Bogen

Am Donnerstag wird das erste der beiden Libeskind-Häuser eröffnet: Zwei Experten haben für die WZ geschrieben, was sie von dem Projekt halten — ein Pro und ein Contra

<h2 style="text-align: center;">„Die Bauten sind eine eigenständige Ikone“ - Pro von Planungsexperte Alexander Fils

Der Kö-Bogen ist ein Projekt, das die Stadt an zentraler Stelle so verändert und repariert, wie vorher nur der Rheinufertunnel.

Der Politiker, der dazu ein klein wenig beigetragen hat, freut sich, dass die anfängliche Vision nicht zum Arztbesuch (frei nach Helmut Schmidt) geführt hat, sondern nach vielen Diskussionen und Abstimmungen zu einer beeindruckenden Realisierung.

Der Stadtplaner sieht, wie die Stadt wieder Bauten erhält, die Plätze schaffen und Wunden des Zweiten Weltkriegs schließen.

Der Architekturhistoriker erkennt, dass hier nicht in Disneyland-Qualität wie in Frankfurt oder Berlin alte Gebäude imitiert werden, sondern in Respekt zu alten Stadtgrundrissen eine gegenwärtige Architektur die Aufmerksamkeit auf sich zieht.

Libeskind ist es gelungen, mit einer neuen expressiven Formensprache ein Gebäude, dass auch eine Kiste hätte werden können, mit geschwungenen Fronten zu strukturieren und damit kleinteiliger und eleganter erscheinen zu lassen; zum Hofgarten hin nahm er nur den vorhandenen Bogen des Parks auf und das kurze Stück wiederhergesteller Königsallee ist in gerader Linie einfach die Fortsetzung der bestehenden Fluchtlinie.

Der Clou der Fassadengliederung sind die begrünten Einschnitte und die fast provozierende Verteilung von Stein und Glasflächen. Natürlich ist das Dekoration, aber auch eine durchgehende, also einheitliche Glasfassade wäre eine Dekoration, denn die Fassade ist nun einmal nur vorgehangen und die Konstruktion befindet sich im Inneren, aber es ist eine mutige, ehrliche und eine positive Stimmung hervorrufende Gestaltung; das ist keine lügende postmoderne Architektur der achtziger Jahre, zu der man auch das noch jüngst entstandene Shopping-Center in Braunschweig mit vorgeblendeter Schlossfassade zählen kann. Diese Epoche hat Düsseldorf bis auf ein paar Villen mit neogregorianischen Säulen und Butzenfenstern übersprungen.

Die ersten Kö-Bogen-Gebäude verbinden die traditionelle Stadt mit der modernen Architektur und sind in sich genommen eine eigenständige Ikone, die den Menschen einen identitätsstiftenden Raum gibt.

Der Kö-Bogen ist aber mehr als die ersten zwei Gebäude aus der Hand von Libeskind. Eine Bebauung der Verkehrsbrache Jan-Wellem-Platz war schon Ende der neunziger Jahre ins Gespräch gebracht worden, als der Duisburger Projektentwickler Grothe den Graf-Adolf-Platz bebauen wollte, um eine Adresse Königsallee zu erhalten.

Diese Sünde, einen nie bebauten Freiraum mit einem Hotel und einer Kunsthalle zu bebauen, konnte ich in meinen jungen Tagen im Planungsausschuss verhindern. Die aufgezeigte Alternative, den vor dem Krieg bebauten Platz der Straßenbahnhaltestelle am Nordende der Kö zu nutzen, war Grothe zu aufwendig.

Vor zehn Jahren kam dann der Weltstar-Architekt und Bürger Düsseldorfs, Christoph Ingenhoven, mit der ohne Auftrag entwickelten viel größeren Idee: nicht nur den Jan-Wellem Platz zu bebauen, sondern auch alle umgebenden Straßen unter die Erde zu legen und darüber hinaus auch noch die Bereiche der Schadowstraße und bis hin zur Berliner Allee neu zu strukturieren und wieder der klassischen europäischen Stadt entsprechend mit Baublöcken zu versehen. Das Zentrum der Stadt sollte den Fußgängern zurück gegeben werden und die Augen sollten gute Architektur lesen und genießen können.

Wenn jetzt alle paar Monate ein Stück Tunnel eröffnet wird und diese Woche die ersten Gebäude mit Inhalten folgen, die zu einer gut gemischten Stadt gehören, dann ist das erst der Anfang eines großen Projektes, zu dem ein erweiterter Hofgarten gehört, Tiefgaragen, Promenaden, freie Plätze und Cafes und neue Gebäude entlang der wieder beidseitig gefassten Schadowstraße. Es geht weiter mit der U-Bahn-Eröffnung und einer danach neu gestalteten Einkaufsstraße mit viel mehr Platz für Passanten und auch für Kunstwerke.

Der Tausendfüßler ist abgerissen, die Tunnelanlagen sind teilweise fertig oder im Bau, die neuen Gebäude stehen, das Gewässer der Landskrone ist dem Ursprungszustand der Planung Maximilian Weyhes aus dem Jahre 1824 etwas angenähert. Jahrelange Querelen nicht nur im politischen Raum werden dem Vergessen anheimgegeben. Die Würfel sind gefallen. Der erste Bauabschnitt des Projektes Kö-Bogen ist trotz erheblicher Widerstände auch aus der Bevölkerung vollendet und stellt sich als großer wirtschaftlicher Erfolg für die Stadt Düsseldorf dar.

Der Abriss des Tausendfüßlers, an dessen denkmalgeschützter Kontur sich die Nachkriegsbebauung orientierte (so musste Richard Meier seinen sehr schönen Entwurf für P&C ändern), hinterlässt große, freie Räume, die es nun durch das Ergebnis des Wettbewerbs für den zweiten Bauabschnitt zu füllen gilt, um dem Stadtbild wieder ein Gesicht zu geben.

Die städtebaulich vorbildhafte Planung Christoph Ingenhovens, des Vaters der Idee, im Zuge des Baus der Wehrhahn-Linie am Ende der Kö den Jan-Wellem-Platz zu bebauen, den Hofgarten entschieden an eben diese heranzuführen und dem Erscheinungsbild des Dreischeibenhauses seinen bedeutenden Platz im Stadtbild zu erhalten, wurde verworfen und bleibt nur noch als eine ferne Erinnerung im Gedächtnis der Beteiligten.

Die Volumina und der Flächenverbrauch des Ingenhoven-Entwurfs waren deutlich geringer als das nun fertig Gebaute, zeigten eine klare, eine eindeutige architektonische Haltung und ließen viel Luft und Raum für die Bewohner der Stadt. Schade, dass man den Entwurf verwarf — denn er versprach ein ästhetisches Ereignis. Aber das ist nun Vergangenheit und taugt nur noch für eine spätere Würdigung in einem Museum für Stadtgeschichte.

Bleibt übrig, das Gebaute zu nutzen, zu betrachten. Die neu gepflanzten japanischen Kirschbäume werden wachsen, die Menschen werden flanieren. Und wenn die Wehrhahn-Linie in Betrieb genommen — und der schöne Schalenbrunnen-Platz vor dem Kaufhof wieder hergestellt ist (hoffentlich!), wird sich diese „Operation am offenen Herzen der Stadt“ als ein weiterer Erfolg für Düsseldorf herausstellen. Ähnlich dem Bau des Rheinufertunnels, der zu Beginn seiner Planung auch nicht die Zustimmung aller fand.

Die gekurvte Führung der Neubauten in Richtung Schadow-Platz ist überraschend und wohltuend für das Auge, trotz sehr einfacher Ausbildung der Einzelheiten der Fassadendetails, die wohl der Wirtschaftlichkeit des Projekts geschuldet sind. Besonders die unsäglichen Zigarrenkisten der Breuninger-Eingänge, brutal in die Kurven der Fassaden hineingezwungen, können nicht das Wohlgefallen des Architekten finden. Sehr schön und gut sichtbar, auch in der Sichtachse zur Altstadt hin, steht hier nun die bronzene Büste des langjährigen Akademiedirektors Friedrich Wilhelm von Schadow auf dem nach ihm benanntem Platz, der eine große räumliche Qualität für die Innenstadt Düsseldorfs zeigt. Auch durch den Kontrast der gekurvten neuen Platzwände zur rechtwinklig angelegten Bebauung des Vorhandenen.

Ganz anders zeigen sich die Neubauten von der Terrasse des Steigenberger-Hotels. Sie verdecken die Sichtbeziehung zum Dreischeibenhaus und die Fassaden zeugen von ungewöhnlicher Eitelkeit in der Selbstdarstellung des Entwerfers. Die Gestaltung der Fassadenoberflächen — eine kitschige Gemeinheit? Würde man deren Optik in die Akustik übertragen, wäre das höllische Kreischen eines Sägeblattes beim Durchtrennen eines Stahlrohres zu ertragen.

Die viel gerühmten „Cube“ oder Schrägeinschnitte der Fassaden sind doch nur vergröberte Kopien der sehr logisch, schmal und maßstäblich hervorragend platzierten „Cube“ in den Blechfassaden des international bedeutenden Jüdischen Museums in Berlin, einem Bauwerk von international herausragender architektonischer Schönheit. Die Gestalt des Museums in Berlin ist ein Glücksfall für die Stadt, für das Land gewesen. Und nun in Düsseldorf — sind diese in Berlin so logischen Fassadeneinschnitte als grobe Keile zur Aufnahme von Grün mutiert. Die gesamte schräg geschnittene Oberflächenstruktur erscheint als brutaler, unmaßstäblicher optischer Kontrast zum Erscheinungsbild der anderen Bauten an der Königsallee. Schade.

Aber wir werden zwangsläufig damit leben müssen und träumen vom wirtschaftlich effizienten Erfolg eines vielgerühmten „Bilbao-Effekts“, wo eine heruntergekommene Hafenstadt plötzlich internationale Aufmerksamkeit erhielt durch den Neubau eines Kunst-Museums. Aber was soll das in unserem schönen Düsseldorf?

Schade, dass diese für unsere schöne Stadt so bedeutenden und wichtigen Neubauten in der Fortsetzung des Erscheinungsbildes der Königsallee gerade hier mit so wenig Sorgfalt und Einfühlungsvermögen in die gewachsene Umgebung ausgeführt wurden. Die Anwendung von „Architektentrost“ — sprich Efeu — an dieser Stelle der Neubauten kommt wohl doch nicht infrage.