Soll und Haben
Um den Verkehr unter die Erde zu bekommen, wird anderswo neuer verursacht.
Düsseldorf. Die Vision klingt so schön: Eine kreuzungsfreie Verbindung von Kö und Hofgarten, Blechlawinen unter der Erde, ein neu gestalteter Schadowplatz und und und. Doch um diese Vision zu realisieren, müssen die Düsseldorfer viele Kröten schlucken - das zeigte die Vorstellung des Verkehrskonzeptes am Mittwoch im Rathaus. Wie die WZ berichtete, waren viele Politiker nicht überzeugt von dem, was dort präsentiert wurde. Denn es zeigte sich, dass - um den Verkehr rund um den Jan-Wellem-Platz unter die Erde zu verbannen - an anderen Stellen der Innenstadt neuer Verkehr erzeugt wird.
Beispiel Schadowstraße: Derzeit fahren dort täglich 9600 Fahrzeuge, laut Prognose sind es nach Bau des Kö-Bogens in der großen Variante (also mit Tieferlegung des Tausendfüßlers) nur noch 4400. Die anderen 5200 Autos kurven, weil es keine Direktverbindung mehr von der Schadowstraße in die Altstadt geben soll, über große Umwege durch die Innenstadt: 2000 über Ost- und Immermannstraße, 1000 über Jacobi- und Jägerhofstraße. Wo die restlichen 2200 Fahrzeuge bleiben, darüber kann die Verwaltung keine Auskunft geben.
Um die zusätzlichen Fahrzeugmassen bewältigen zu können, müssen mehrere Kreuzungen in der Innenstadt ausgebaut werden, etwa Immermann-/Oststraße und Jacobi-/Jägerhofstraße.
Beispiel Königsallee: Auch in den Querstraßen der Kö wird es mehr Verkehr geben. Die bisher ruhige Trinkausstraße (eine Einbahnstraße, auf der rund 1800 Fahrzeuge täglich unterwegs sind) soll in beide Richtungen befahrbar sein. Dann werden dort 8000 Fahrzeuge erwartet. In der Steinstraße wächst der Fahrzeugstrom von 12 000 auf 14 200 (je Richtung) - und auch in der Theodor-Körner-Straße wird es mehr Verkehr geben: Im Bereich Kö soll auch diese Einbahnstraße zweispurig befahrbar werden. Das bedeutet: Die Kö wird zwar an den Hofgarten angebunden - um den Preis, dass viel mehr Verkehr an anderen Stellen die Kö kreuzt.
Ebenfalls problematisch: Durch den Wegfall des Jan-Wellem-Platzes wird die Heinrich-Heine-Allee an der Hofgartenseite (nahe Oper) zum unattraktiven Busparkplatz. Vier Buslinien hätten dort ihre Endhaltestelle und Warteposition. Dabei hatte die Taxi-Genossenschaft gehofft, dort Stellplätze zu bekommen, um die Situation am Taxi-Stand auf der anderen Straßenseite zu entlasten. Über eine Alternative für die Taxis hat sich noch niemand Gedanken gemacht.
Auch die neue Wendeschleife der Straßenbahn stößt auf Kritik: Bislang am Jan-Wellem-Platz endende Züge sollen durch die Wohnquartiere von Stern-, Duisburger- und Nordstraße rumpeln, um die Kurve zu kriegen.
Fazit: Nachdem jahrelang nur diskutiert wurde, was das Groß-Projekt für die Habenseite bedeutet, gerät jetzt auch die Sollseite in den Blick. Und es wird deutlich: Noch längst ist nicht alles Gold, was am Kö-Bogen glänzt.
Der neue Film zum Kö-Bogen steht in geringer Auflösung im Internet (Stichwort Aktuelles):