Serie: Düsseldorfer Tanzschulen Tanzhaus NRW: Tanzen auf den Brettern der Großen
Im Tanzhaus NRW werden Amateure von Künstlern unterrichtet. Das Angebot im früheren Rheinbahndepot reicht von Hip-Hop bis Ballett ab 50.
Düsseldorf. Allein der Name, Tanzhaus. Klingt nach Oversize-Shirt mit Bekenntnis. Nach Dozenten, die die Welt bereist haben. Tanzhaus klingt freiheitlicher als Tanzschule. Das entspricht dem aufgeschlossenen Geist, der in der Einrichtung seit ihrer Gründung 1973 herrscht und sie bis heute prägt. Dazu passt die luftige Architektur des ehemaligen Rheinbahn-Depots an der Erkrather Straße, wo Unterricht in Jazz-Tanz, Modern Dance, Hip-Hop, Flamenco, Tango oder Ballett sowie das Bühnenprogramm stattfinden.
In den Studios mit den hohen Decken und bodentiefen Fenstern lernen die Teilnehmer nicht bloß, möglichst elegant einen Fuß vor den nächsten zu setzen. Die Künstler, die sie unterrichten, geben an ihre Schüler im Alter von vier bis 85 weiter, was sie am eigenen Leib erfahren haben: Mut und Leidenschaft und den Willen zur Gestaltung. Der Auftrag an die Dozenten lautet: Pädagogik und Inspiration miteinander zu verknüpfen und diese Melange auszusenden.
Was und ob etwas davon bei den Kursteilnehmern ankommt, können diese zwei Mal im Jahr vor Publikum überprüfen: Zum Ende eines jeden Semesters gibt es Teilnehmerfeste, bei denen die Amateure selbst auf der Bühne stehen. In dem großen Saal, wo sonst Stars wie Sidi Larbi Cherkaoui, Fabien Prioville oder die Batsheva Dance Company aus Israel auftreten, präsentieren Kursteilnehmer aller Altersklassen die Choreografien, die sie in den vergangenen Monaten einstudiert haben. Diese Abende sind die am schnellsten ausverkauften Veranstaltungen am Tanzhaus.
„Wir hatten uns damals vorgenommen, einen Ort zu erschaffen, wo sich ganz normale Leute künstlerisch ausdrücken“, sagt Dorothee Schackow, die Leiterin der Workshops und Kurse im Tanzhaus. Schackow ist schon seit den Anfängen dabei.
Sie kennt die Einrichtung noch aus einer Zeit, da hieß sie „Werkstatt“ und war ein Zentrum für Musiker, Tänzer und andere Künstler, denen das Korsett der akademischen Ausbildung zu eng geworden war. Ihre Arbeit, so wollten sie es, sollte nicht bestaunt werden, sondern anfassbar sein. Das demokratische Kunstverständnis von Joseph Beuys war ihr Credo. Diese Auffassung gab dem zunächst alternativen Veranstaltungsangebot einen avantgardistischen Schub und weitete das Programm: Sehr schnell fand Moderner und Jazz-Tanz statt, und auch die ersten Hip-Hop-Kurse der Stadt — und darüber hinaus — gab es im Tanzhaus.
Das ist Jahrzehnte her. Längst hat das Tanztheater dank Pina Bausch Weltruhm erlangt und Urban Dance vereint eine Vielzahl eingeständiger Stile. Tanzhausdirektorin Bettina Masuch ist der Auffassung, an Street Dance lasse sich sehr gut ablesen, wie sich die Grenze zwischen Profis und Amateuren zunehmend auflöse: „Die Tanzkünstler dieser Sparte sind Autodidakten, sie haben keine akademische Ausbildung absolviert und arbeiten dennoch hochprofessionell.“
Breakdance, Locking, Soul Dance, Hip-Hop — die Exportschlager aus der Bronx sind beliebt und enorm nach gefragt. Geschlagen werden sie nur vom Tango Argentino, dessen Boom nun schon seit Jahren dauert. Zwei Mal in der Woche gibt es im Tanzhaus am Abend, Gelegenheit, Tango zu tanzen und das im Kurs Erlernte zu trainieren; überdies ist jeden Mittwoch Salsa-Nacht. An den Vormittagen nehmen Profis Ballettstunden, und neuerdings wird klassischer Tanz ab 50 angeboten. „Jeder hat ein Talent und soll bei uns die Erfahrung machen, im Tanz wertgeschätzt zu werden“, sagt Bettina Masuch. „Das funktioniert. Daran glauben wir fest.“