Von Anfang an umstritten: Wie der Tausendfüßler entstand

Vor 51 Jahren wurde die markante Hochstraße eingeweiht — in sechs Tagen ist Abriss.

Düsseldorf. Am kommenden Sonntag werden die letzten Autos über den Tausendfüßler in der Innenstadt fahren. Auf dieser stadtbildprägenden Stelzen-Trasse fühlten sich manche Verkehrsteilnehmer ein bisschen wie Flieger, die in einigen Metern Höhe über den Jan-Wellem-Platz oder vorbei am P&C-Kaufhaus schwebten...

Es waren die Zerstörungen durch den Zweiten Weltkrieg, die eine grundlegende Neugestaltung der zentralen Verkehrswege notwendig machten. Stadtplaner Friedrich Tamms, seit 1948 mit dem Wiederaufbau Düsseldorfs betraut, wird in dem Zusammenhang gerne mit seinem Leitbild der autogerechten Stadt zitiert.

Eine Nord-Süd-Verbindung, in deren Planung auch die Berliner Allee durch Trümmergrundstücke hinweg neu entstand, wurde mit der Frage diskutiert, wie man im Kreuzungsbereich der Schadowstraße den Verkehr fließend führen könnte.

In diesen Bereich sollte der Jan-Wellem-Platz als Nahverkehrsknotenpunkt mit Gleisschleife angelegt werden — alles im Bereich des angrenzenden Hofgartens. Tamms plante hier auch ein unterirdisches Einkaufsparadies.

Hitzige Diskussionen gab es rund um drei Alternativen: Verkehrsverlagerung mit offenem Geländeeinschnitt, Tunnellösung oder Hochstraße. 1959 sprachen sich die Ratsmitglieder mehrheitlich für die kostengünstigere Hochstraße aus. Im Januar 1961 kam es zu einer Großkundgebung mit 10 000 Teilnehmern, die aus Angst vor Eingriffen in den Hofgartenbestand und der Landskrone vor das Rathaus zogen.

Bereits im Mai 1960 war im Rat die endgültige Entscheidung für die umstrittene Hochstraße gefallen. Das Argument einer Innenstadt-Zerschneidung stachen die schnelle Realisierung, relativ geringe Kosten (5,2 Millionen Mark) und Möglichkeiten, sich in späteren Zeiten neuen Gegebenheiten anzupassen, aus.

Die Bauarbeiten begannen Anfang 1961, am 5. Mai 1962 war die nur von Nord nach Süd befahrbare Hochstraße fertig gestellt. Die Fahrbahnlänge von Hofgartenrampe bis zur Gabelung betrug 255 Meter, die Abfahrt zur Immermannstraße 145 Meter und die Abzweigung zur Berliner Allee 135 Meter. Auf 21 Pfeilern (nicht tausend Füßen) wurde das ampelfreie Verkehrs-Betonband gelegt. In Deutschland und Europa anerkannte Sachverständige, Architekten und renommierte Baufirmen wurden für das Großprojekt gewonnen, das in Fachartikeln gerühmt wurde.

Herausragend das symbolkräftige Ensemble mit neuem Dreischeibenhochhaus, Schauspielhaus und Tausendfüßler: An keiner anderen Stelle der Stadt werden deren identitätsbildende Faktoren Wirtschaft, Kultur und Verkehr in solch einprägsamer Weise durch Architektur vermittelt wie hier.