Wehrhahn-Linie: Stadt kündigt mehr Kontrollen an

Bau-Pfusch: Trotz gefälschter Protokolle soll es keine akute Gefahr geben. Politik sagt Ja zum Weiterbau.

Düsseldorf. Flucht nach vorne, das war am Dienstag die Devise im Rathaus. Nachdem die Kölner eher zögerlich über Pfusch beim dortigen U-Bahn-Bau informiert hatten, zeigte Düsseldorfs Baudezernent Gregor Bonin gestern mehr Offenheit: Er informierte rasch und umfassend - erst Journalisten, dann Politiker. Ungläubiges Staunen gab’s überall. "Wir sind erschrocken, das haben wir nicht erwartet", kommentierte Andreas Hartnigk (CDU) nach einer eilig einberufenen Sondersitzung der zuständigen Kommission.

Im Blickpunkt stehen die Schlitzwände, mit denen der Bau der Bahnhöfe vorbereitet wird. Bei sechs Teilabschnitten ist unklar, ob sie einwandfrei errichtet wurden, zudem wurden bis zu 27von 413 Protokollen gefälscht. Die Stadt hat Anzeige gegen zwei Poliere erstattet. Deren Motiv ist unklar, es wird gemutmaßt, es handele sich um "reine Schlamperei".

Betroffen sind die Stationen Kirchplatz, Graf-Adolf-Platz, Benrather Straße sowie die Baugrube am Corneliusplatz. Wert legt Bonin auf die Feststellung, dass keine akute Gefahr besteht. Grund: Noch haben die Schlitzwände keine tragende Funktion. Bis sie die bekommen, ist genug Zeit für eventuelle Nachbesserungen. Geht die Wehrhahn-Linie 2015 in Betrieb, haben die Wände keine statische Bedeutung mehr (siehe Grafik).

Weil das so ist, bekommt die Verwaltung Rückendeckung von der Politik: "Ich will nichts bauen, bei dem ich später nicht weiß, ob das sicher ist. In diesem Fall wissen wir es", meint Manfred Neuenhaus (FDP). Auch SPD-Fraktionschef Markus Raub kann "derzeit keine Gründe für einen Baustopp erkennen". Der Zeitplan sieht vor, dass die Tunnelbohrmaschine Montag in Bilk ihre Fahrt durch den Untergrund startet. Dabei soll es bleiben, die Wände in der Baugrube dort wurden getestet und für gut befunden.

Die Grünen mahnen indes, die Stadt müsse dennoch Konsequenzen ziehen: "Es muss sichergestellt werden, dass Protokolle nicht mehr gefälscht werden können", fordert Ratsherr Norbert Czerwinski. Das sagt Bonin auch zu: Man werde künftig Foto- bzw. Video-Dokumentationen vom Bau der Schlitzwände anfertigen lassen, weitere externe Gutachter einschalten - zudem soll das Bau-Unternehmen Bilfinger Berger ein Prüf- und Überwachungsprogramm erarbeiten. Hintergrund: Erst 60 Prozent aller nötigen Schlitzwände sind gebaut. Bonin versichert, Bilfinger werde die zusätzlichen Kosten tragen, Zeitverzug sei nicht zu erwarten.

Doch wie konnte es zum Pfusch kommen? Wurden doch die Mess-Daten dreifach abgezeichnet - von der Baufirma, der städtischen Bauüberwachung und einem externen Experten. Bonin: "Man kann auf einem Papier nicht auf Anhieb erkennen, ob es gefälscht ist. Sobald kriminelle Energie am Werke ist, ist man vor so etwas nie gefeit." Oberbürgermeister Dirk Elbers versprach vollständige Aufklärung: "Die Sicherheit steht über allen Dingen. Hier wird nichts verharmlost."