Widerstand gegen Verlegung der Linie 715
Wie viel Straßenbahn braucht die Altstadt? Am Donnerstag Debatte an der rollenden Redaktion in Eller.
Düsseldorf. Dass die Straßenbahnlinie 715 wegen der Bauarbeiten am Jan-Wellem-Platz (Kö-Bogen) schon ab März und mindestens bis Oktober nicht mehr durch die Altstadt fahren soll, wie die WZ am Dienstag berichtete, sorgt für Aufregung. "Schlimm genug, dass die Politik so spät von so wichtigen Änderungen im ÖPNV erfährt", sagt Martin Volkenrath (SPD): "Noch gravierender aber ist, dass damit Stadtteile wie Eller oder Lierenfeld keine direkte Anbindung an die Altstadt mit Niederflurbahnen mehr haben."
Ganz ähnlich sieht das Norbert Czerwinski von den Grünen: "Stadt und Rheinbahn haben ja schon früher versucht, die 715 aus der Altstadt auf die Berliner Allee umzuleiten, das hat der Rat aber mehrheitlich verhindert." Auch jetzt werde man harten Widerstand leisten: "Hier dürfen einfach nicht wichtige Verkehrsbeziehungen für die Leute in Derendorf oder Eller wegfallen."
Stadt und Rheinbahn halten sich noch bedeckt, erst im Verkehrsausschuss am 24. Februar werden Details präsentiert. Klar ist aber, dass auch die 706 umgeleitet werden muss - vom Jan-Wellem-Platz über Schadowstraße, einen neuen Abzweig auf die Jacobi- und dann über Duisburger- auf die Sternstraße. Wie die WZ erfuhr, fällt der Abzweig Jan-Wellem-Platz-Kaiserstraße weg, weil hier schon im Frühjahr eine große Baugrube angelegt wird. Unklar bleibt indes, ob 715 und 706 ab Oktober auf ihre Stammrouten zurückkehren können.
Zugleich beginnt die politische Diskussion darüber, wie viel Straßenbahn Alt- und Innenstadt generell brauchen. Und zwar nicht nur in der Bauphase von Kö-Bogen und Wehrhahn-Linie bis 2014, sondern darüber hinaus. Die SPD legt Ende Februar im Verkehrsausschuss einen Antrag vor, nach dem die Stadt die Einrichtung einer oberirdischen "Cityline" zwischen Schadowstraße, Altstadt und Graf-Adolf-Platz prüfen soll. Volkenrath: "Das könnte eine Bus-, aber auch eine Straßenbahnlinie sein."
FDP-Fraktionschef Manfred Neuenhaus weiß schon lange, wie wichtig vielen Menschen gute Straßenbahnverbindungen in der City sind - trotz aller U-Bahnen. "Mindestens vorläufig, also während der Bauarbeiten, sollten wir alle gewachsenen Straßenbahnverkehre im Zentrum bewahren, wenn es bautechnisch irgendwie geht", sagt er. Und dann müsse man darüber nachdenken, was nach 2014 passieren soll.
Die Zukunftsfrage ist: Könnten Straßenbahnen (715, 706) auf einem Teilstück gleichsam über der neuen U-Bahn (Wehrhahn-Linie) fahren? Und zwar sogar am Rande des Schadowplatzes entlang? Oder gefährden solche "Parallelverkehre" die gezahlten Bauzuschüsse des Landes?
Zwingend nicht, wie Beispiele in Städten zeigen, in denen die Straßenbahn eine Renaissance erlebt. In Frankfurt am Main etwa wurden in den 80er-Jahren alle oberirdischen Gleise aus der City verbannt. Bis sich eine breite Protestbewegung bildete, die eine Straßenbahn zurückhaben wollte.
Und siehe da: Oberbürgermeisterin Petra Roth gab nach und weihte 1999 eine neue Straßenbahnlinie ein, Kosten: 20 Millionen Mark, die Hälfte zahlte das Land Hessen. Deshalb hält auch Norbert Czerwinski Straßenbahnen über der neuen U-Bahn für "überlegenswert": "Das kostet natürlich mehr Geld, aber es bringt auch einen hohen Verkehrswert."
Am Donnerstag geht es bei WZmobil um die neue Route für die Linie 715. Am Gertrudisplatz können Sie von 10.15 bis 11Uhr sagen, was sie von der Verbannung der Linie aus der Altstadt halten. Sie können auch faxen (83822238) oder mailen: düsseldorf.redaktion@westdeutsche-zeitung.de