So modern wohnt Gott im Rheinland Immanuelkirche in Köln: Hier passt alles zusammen — bis zum letzten Detail

Die Immanuelkirche der evangelischen Brückenschlag-Gemeinde in Köln ist eine junge Kirche und eine gleich mehrfach preisgekrönte dazu. Sie schlägt Brücken zwischen zwei Stadtteilen, zwischen Tradition und Zukunft, zwischen Gott und den Menschen.

Foto: Margot Gottschling

Köln. Kirchen sind mächtig, Leuchttürme des Bauens, schon von weitem zu sehen. Ganz anders wirkt die evangelische Immanuelkirche in Köln-Stammheim, die der Besucher erst in der Nähe wirklich wahrnimmt. Und doch ist der mehrfach preisgekrönte massive Holztafelbau etwas ganz Besonders, lockt scharenweise Besucher an — darunter viele Architekten. „Wir wollen gar nicht beeindrucken oder Preise einheimsen. Uns geht es um eine Kirche, die für unsere Gemeinde geeignet ist. Einen multifunktionalen Bau mit einem sehr ansprechenden Sakralraum“, sagt Kirchenführerin Lisa Hastedt bescheiden, aber nicht ohne Stolz. Sie erzählt, dass sich das 2013 eingeweihte Ensemble mit Kapelle und Kampanile, mit seinem durch eine alte Baumreihe begrenzten Vorplatz („unsere Open-Air-Kathedrale“) bewusst in den Stadtteil Stammheim einfügt. Offen für die Menschen, die hier leben. „Sie können auf ihren Alltagswegen hier durchgehen und einkehren.“

Dazu gehört auch, dass die junge Geschichte des Bauwerks eine demokratische ist — die Gemeindemitglieder (aktuell zirka 2350) „bauten“ mit. Hastedt: „Sonst fragen sich Architekten immer, ob die Nutzer ihre Gebäude annehmen. Hier waren sie von Anfang an dabei. Vor Gott sind alle gleich.“ Zuvor aber, 2004, wurde eine schwierige Entscheidung getroffen: Die Gemeinden Köln-Flittard und Köln-Stammheim wurden fusioniert, weil die Mitgliederzahlen rückläufig waren und ein Pfarrer in Ruhestand ging. Die neue Gemeinde bekam den symbolträchtigen Namen Brückenschlag.

Immanuelkirche in Köln: Durchdacht bis ins kleinste Detail
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Probleme machten die Kirchenbauten, die Lukaskirche (Jahrgang 1959) in Flittard und das Dietrich-Bonhoeffer-Haus (1968) in Stammheim. „Beide waren marode“, erinnert sich die langjährige Presbyterin. Nachdem man sich, viele Gespräche weiter, zum Neubau durchgerungen hatte, wurde 2008 die Lukaskirche verkauft. Mit dem Erlös, Rücklagen, Zuschüssen des evangelischen Kirchenverbands Köln und großer Fundraisinganstrengungen brachte die Gemeinde das Geld für den Kirchenbau und die notwendige Renovierung der Orgel der Lukaskirche auf. Diese, die Glocken, weitere Gegenstände, und Prinzipalien (auch aus dem Dietrich-Bonhoeffer-Haus) wurden bewahrt, um Tradition mit Zukunft zu vereinen — auch dies ein Brückenschlag.

Beim Architektenwettbewerb setzte sich 2009 das Berliner Büro Sauerbruch und Hutton durch, das in Köln seinen ersten Kirchenbau-Entwurf vorlegte. „Als wir uns entschieden, stand eigentlich nur fest, dass wir damit weiter planen würden“, erinnert sich die 56-jährige Hastedt. Und erinnert daran, dass der von den Architekten vorgeschlagene Betonbau in der Gemeinde durchfiel. 2012 folgte nach der Entwidmung und dem Abriss des Dietrich-Bonhoeffer-Hauses der Neubau, der dank Fertigbauweise einzelner Elemente im darauffolgenden Jahr bereits bezogen werden konnte. Hastedt: „’Hier ist alles bis zum letzten Detail aus einem Guss’, hat einmal jemand treffend gesagt.“ Dazu gehören eine ausgefeilte Technik für Sprache und Musik, Barrierefreiheit, Flexibilität in der Nutzung.

Brücken schlägt auch die Architektur, zum Beispiel zwischen gestern und heute. Der Glockenturm steht frei, leicht geneigt wie sein Bruder in Pisa. Und die Kirche besteht wie eine Basilika aus 11,30 Meter hohen Mittel- und niedrigen Seitenschiffen — modern interpretiert, die schlichten Blöcke leicht nach außen gebogen. Die Außenwände mit finnischer, leicht gräulicher Lärche verschalt, passen sich in die Umgebung ein. Unterschiedlich angeordnete Flächen im Fischgrätmuster sorgen für Lebendigkeit.

Innendrin setzt sich der natürliche, leichte und offene Eindruck fort. Überall Terrazzoboden und Holz. Die weiß gewachsten finnischen Fichtenwände sind mal glatt, mal gerippt, mal verschachtelt und vereinen statische Eigenschaften mit architektonischem Anspruch. Genauso wie die leicht schräge Ausrichtung des Eingangsbereichs. Wer braucht da noch Bilderschmuck?

Und doch gibt es ihn — ein Mal. Da ist der 10,60 Meter hohe Screen mit seinen 3840 pastellfarbenen Holzlamellen, die der Wand hinter Kanzel, Altar und Taufbecken aus der Vorgängerkirche eine schillernde Oberfläche geben. Der Blick wird die Wand entlang nach oben gezogen, wo auf breiter Front Tageslicht einfällt. „Das ist das Himmelslicht“, schwärmt Christa Hastedt. Die Polychromie der Altarrückwand — ein wiederkehrendes Thema der Berliner Architekten — erlaubt individuelle Interpretationen. Und versteckt die Orgelpfeifen. Der fahrbare Spieltisch steht im Kirchenraum, führt Organisten und Gemeinde zusammen.

Ein weiteres Highlight befindet sich über dem Kirchenvorraum, Lieblingsplatz nicht nur der Presbyterin. Die mit Sitzstufen bestückte Empore lädt zum stillen Verweilen ein. Der asymmetrisch angeordnete Bereich mit seinen Ziehharmonika-Wänden verlängert den Raum, bringt durch eine leichte Seitenausrichtung Dynamik und mündet in ein großes Fenster mit mattierter Scheibe. Eine weitere faszinierende Lichtquelle.

Überhaupt das Licht, das auch in den Gemeinderäumen, untergebracht in den zum Kirchenraum zu öffnenden Seitenschiffen, über bodenlange oder Dach-Fenster ins Innere geleitet wird. Außerdem erhellen unzählige, niedrig hängende Pendelleuchten, die eigens für die Kirche entworfen wurden, die Räume — wie Sterne am Himmel.

Die kleine Schwester der Immanuelkirche, die Kapelle, setzt deren Konzept fort. Vor weiß gewachsten Holzwänden stehen ein paar Hocker, an der Wand ein schlichtes Auferstehungskreuz aus der Vorgängerkirche, ein Tischchen mit Kerzen davor. Der Blick wird auch hier nach oben zum Tageslicht gelenkt. „Ein Ort der Stille“, schwärmt Hastedt. Still und durchdacht, ohne Macht, aber mächtig beeindruckend.