Oldtimer Eine Spazierfahrt in Orange

Alfred Hufen hat eine Leidenschaft für Oldtimer: Seinen Lloyd Alexander hat er vor fast 40 Jahren aus zwei Autos zusammengebaut. Technik, die heute noch funktioniert? Eine Probefahrt auf Krefelds Straßen.

Krefeld. Gleich anspringen will das Schätzchen nicht. Alfred Hufen muss zwei, drei Mal zünden, dann läuft der Motor und schnurrt, na ja, wie eine Wildkatze. Entspannt in die beige-karierten Polstersitze zurücklehen und... Anschnallen? „Müssen wir nicht, mit einem H-Kennzeichen hat man mehr Freiheiten“, sagt Alfred Hufen und grinst.

Los geht’s. Hufens Schätzchen, ein Lloyd Alexander, Baujahr 1961, leuchtet orangefarben in der Herbstsonne. Aber das ist wohl nicht der einzige Grund, warum sich die Leute auf der Straße nach ihm umdrehen. Vielleicht 400, höchstens 500 dieser Autos gibt es noch in ganz Deutschland, vermutet Alfred Hufen, selbst Baujahr 1934. In Krefeld fährt er den wohl einzigen Kleinwagen des einst 25 000 Mitarbeiter starken und 1962 Konkurs gegangenen Bremer Automobilbauers Borgward.

Foto: Andreas Bischof

Der Schnellste ist der Lloyd Alexander nicht, „das ist kein Formel-1-Wagen, sondern ein Oldtimer“, sagt der 81-Jährige während wir gemütlich die Uerdinger Straße entlang tuckern. „Den Papieren nach fährt er 85 km/h, da müsste man sich zumindest gedanklich anschnallen.“ Achtung, Bremshügel! „Man spürt eben jeden Huckel.“ Auch deshalb fahre er nicht schneller als 60 mit seinem Lloyd, die Autobahn ist tabu, „ich will den Wagen nicht strapazieren“.

Umso kuscheliger wird’s auf der gefederten Sitzbank, Schulter an Schulter geht’s durch die Stadt. Unser Soundtrack: Der Motorensound. „Eine Unterhaltung war bei der Lautstärke schon immer schwierig“, sagt Hufen, darum habe er in dem Wagen auch nie ein Radio vermisst. „Nach heutigem Empfinden ist es eine Strapaze, mit so einem Auto zu fahren.“ Früher, da sei das natürlich alles anders gewesen.

Als er 1958 sein erstes, einen brandneuen Lloyd, für 4250 Mark kaufte, war er einer der ersten aus seinem Freundeskreis mit einem Auto. „Damit bin ich durch dick und dünn gegangen.“ Dazu gehören wohl besonders die Fahrten in den Urlaub — ins Sauerland, in den Schwarzwald oder in den Harz. „Mit vier Leuten, natürlich plus Gepäck, das war was!“

Nur zwei Jahre später tauschte Alfred Hufen den Lloyd gegen ein größeren Wagen: eine Borgward-Lloyd-Arabella. „Ich hatte schon immer ein Faible für Exoten.“ Vergessen aber hat er seinen ersten Wagen nicht. Als ein Bekannter ihm Jahre später von einem Lloyd Alexander erzählte, der in Oberhausen zum Verkauf stand, fuhr Hufen hin.

„Das Auto hat einem Kriegsversehrten gehört, sein Enkel wollte es loswerden.“ Kein Wunder, denn mit der eingebauten 250 Kubikzentimeter Zweitaktmaschine fuhr der Lloyd aus Oberhausen bei elf PS gerade einmal 45 km/h. Alfred Hufen kaufte das Auto trotzdem und noch ein zweites mit einer 600 Kubikzentimetermaschine dazu.

In seiner Garage baute der Ingenieur nach Feierabend und an den Wochenenden die beiden Lloyds auseinander — und zu einem Auto wieder zusammen. Ein Jahr lang, seit 1978 fährt der Wagen wieder. „Fast 400 Stunden Arbeit habe ich da reingesteckt, beide Autos vollkommen zerlegt." Amm Ende wurde hat er es so orange wie seinen ersten Lloyd Alexander lackieren und neu polstern lassen. „Alles Original, bis auf den Teppich im Fußraum.“ Die alten, abgetretenen Gummimatten hat Alfred Hufen entsorgt.

Über den Rückspiegel, nicht größer als einer für die Handtasche, hat Alfred Hufen alles im Blick, geschaltet wird über einen weißen Hebel am Lenkrad — natürlich mit vier Gängen. „Fünf? Wo sind wir denn hier? Die Autos davor hatten alle nur drei!“

26 600 Kilometer stehen auf dem Tacho, Ausfahrt bekommt der Lloyd heute nur noch zu besonderen Anlässen. Zur Hochzeit vom Sohn des Schwagers etwa, oder hin und wieder mal für eine Spazierfahrt nach Viersen oder Kempen, am liebsten wenn die Sonne scheint.

Nur blöd, wenn der Tank plötzlich leer ist, so wie jetzt an der Ampel an der Venloer Straße, denn eine Anzeige gibt’s nicht. Dafür einen Hahn, den Hufen entspannt umlegt — und der Lloyd Alexander ruckelt langsam weiter, „zumindest für die nächsten 25 Kilometer..."