Hallo Welt! — Max Herre kehrt zu seinen Rap-Wurzeln zurück
Zum ersten Mal macht der erfolgreiche Musiker Station in Krefeld. Das Konzert wirkt wie ein Herre-Hit-Mix von den Anfängen bis heute.
Krefeld. Es ist ein ungeschriebenes Gesetz der Musikindustrie: Wenn Künstler auf Tour gehen, platzieren sie in jeder Halle möglichst zentral einen Merchandise-Stand. T-Shirts, Plakate und hippe Jute-Beutel müssen schließlich an den Fan gebracht werden. Doch nicht so Max Herre: Bei seinem ersten Krefeld-Konzert am Freitagabend durfte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International Werbung für ihre gute Sache machen — direkt am Eingang zum ausverkauften Saal der Kulturfabrik.
Die Verbindung von Politik und Musik ist typisch für Herre, der zahlreiche gesellschaftskritische Songs geschrieben hat. Manche lieben ihn dafür, andere finden seine Polit-Poesie „oberflächlich“ (Spiegel Online). Nicht zu leugnen ist aber, dass der gebürtige Schwabe, der im April seinen 40. Geburtstag feiert, nun seit fast 20 Jahren zu den erfolgreichsten deutschen Musikern gehört. Geboren in Stuttgart — die Mutter Sängerin, der Vater leidenschaftlicher Plattensammler —, gründet Max Herre mit 15 Jahren seine erste Band Seedless Jam. Gleichzeitig entflammt seine Leidenschaft für Hip-Hop, die revolutionäre Musikbewegung aus den USA. Überliefert ist, dass er im Deutschunterricht Gedichte nicht vorlas, sondern rappte. Mit 19 startet Herre dann sein erstes Hip-Hop-Projekt Agit Jazz — aus dem dann letztlich Freundeskreis entsteht, die Band, die ihm 1997 mit der Single „A-N-N-A“ den Durchbruch bringt.
Seitdem ist viel passiert: Freundeskreis gibt es nicht mehr, und Max Herre ist seit 2004 alleine unterwegs. Dabei beschritt er zwischendurch auch neue musikalische Pfade: Auf seinem zweiten Solo-Album „Ein Geschenkter Tag“ präsentierte er sich als Singer/Songwriter — und Folk statt Hip-Hop. Auf seiner neuen Platte ist er allerdings zu seinen Rap-Wurzeln zurückgekehrt, ohne sich allein auf dieses Genre zu reduzieren. Auf der Bühne der Kulturfabrik hat sich das Cover seines aktuellen Albums „Hallo Welt!“ manifestiert: Da steht eine kleine Holzhütte mit Plastikdach und Antenne. Und während hinter der geöffneten Klappe der DJ bereits Stellung bezogen hat, verkündet ein leuchtendes Schild: Wir sind „On Air“.
Ein Album wie ein Piratensender — das ist das Konzept von „Hallo Welt!“. Das bedeutet musikalisch: Alles kann, nichts muss. Rock und Reggae, Rap und Pop vermengen sich zu einer homogenen Melange, was auch live sehr gut funktioniert: Und so erleben die Konzertbesucher — um es im typischen Radio-Sprech zu sagen — den „besten Herre-Hitmix aus den 90ern, 2000ern und von heute“. Gemeinsam mit seinem begeisterten Publikum, dem alten Weggefährten Afrob, seinem Protegé Megaloh und einer wirklich hervorragend eingespielten Band reist der Musiker in mehr als zwei Stunden von den frühesten Anfängen seiner Karriere ins Jetzt.
Ob alte Freundeskreis-Stücke wie „Esperanto“ und „Wenn der Vorhang fällt“ oder neue Hits wie „Wolke 7“ oder „Fühlt Sich Wie Fliegen an“ — jeder Fan bekommt genügend Stoff aus seiner liebsten Herre-Schaffensperiode geboten. Und auch hier geht das Radiokonzept auf: Nach einem Song, den man nicht mag, kann nämlich bereits das absolute Lieblingslied auf der Playlist warten.