Joachim C. Heitmann (FDP) im Interview: „Verwaltung ist CDU-geprägt“
Joachim C. Heitmann, FDP, spricht über die parteipolitische Verwaltung, den OB ohne Handschrift und das Sparen bei den Ausgaben.
Die FDP bleibt dabei: Die Verwaltung muss beim Personal sparen und sich von Vermögen trennen, um den Haushaltsausgleich zu schaffen. Kritik übt der Parteichef am Oberbürgermeister.
Was würde die FDP anders machen, wenn sie im Rat mit einem Partner eine Mehrheit hätte? Drei Beispiele bitte.
Joachim C. Heitmann: Erstens müsste die Verwaltung weniger parteipolitisch arbeiten, mehr sachbezogen und neutral. Zweitens: Wir würden die konsumtiven Ausgaben senken. Drittens: Eine Schulentwicklungsplanung auf den Weg bringen, die die künftigen Bedürfnisse im Blick hat.
Arbeitet die Verwaltung nicht neutral?
Heitmann: Nein, die Verwaltung ist CDU-geprägt. Es gibt ganz klar einen Informationsvorsprung für eine Fraktion. Und das geht nicht.
Wäre es gut, wenn es im Rat klare Mehrheiten gäbe?
Heitmann: Beim Haushalt würde ich eine gestaltende Mehrheit bevorzugen. In anderen Fragen sehe ich in wechselnden Mehrheiten kein Problem.
Wie schätzen Sie die neue CDU-Spitze ein, also Marc Blondin und Philibert Reuters?
Heitmann: Ich habe mit beiden Gespräche geführt. Ich würde sagen: Vorsichtig tastend, noch im Schatten des großen Paten.
Trauen Sie den beiden zu, sich aus dem Schatten des großen Paten zu befreien?
Heitmann: Man soll die Hoffnung nie aufgeben.
Welche Schulnote hat denn der Verwaltungschef, Oberbürgermeister Gregor Kathstede, verdient?
Heitmann: Ein schwaches Ausreichend.
Mit welcher Begründung?
Heitmann: Viel Show und nur selten etwas Substanzielles. Er hat auch vernünftige Dinge gemacht, zum Beispiel die Rettung des Krankenhauses. Aber er hält sich zu oft völlig zurück, vor allem in der Finanz- und Schulpolitik. Da ist keine Handschrift erkennbar.
Ist Kathstede in der Lage, politische Mehrheiten zu organisieren?
Heitmann: Nein, das hat er nie gemacht. Mehrheiten bilden sich in Krefeld nur, wenn die Fraktionsvorsitzenden etwas abstimmen. Herr Kathstede definiert seine Rolle so, dass er sich meistens raushält.
Worauf kommt es in der Schulentwicklungsplanung an?
Heitmann: Es wird in Krefeld auf die Dauer keine Hauptschule mehr geben. Wir möchten, dass Schüler mit Hauptschulempfehlung nicht in Real- und Gesamtschulen gezwungen werden, sondern die Sekundarschule besuchen können.
Was wird aus den Berufskollegs?
Heitmann: Auf Sicht reichen drei Standorte, jetzt sind es vier. Vera Beckers würden wir aufgeben und mit Glockenspitz fusionieren.
Wie wollen Sie das 50-Millionen-Loch im Etat stopfen?
Heitmann: Wir müssen an die konsumtiven Ausgaben ran. In den nächsten 20 Jahren werden in der Verwaltung 1800 Stellen frei. Sicher sollten nicht alle wiederbesetzt werden.
Wo konkret können Stellen wegfallen?
Heitmann: In der Bauverwaltung beispielsweise. Eine Kernverwaltung reicht. Sie definiert Aufträge und überwacht deren Abwicklung. Zum Beispiel Schulpavillons selbst zu planen, ist nicht effizient. Das gibt es von der Stange. Die Feuerwache bauen wir auch nicht selbst.
Warum sind Steuererhöhungen der falsche Weg?
Heitmann: Weil sie sofort eingesetzt werden, um Mehrausgaben zu finanzieren.
Sollten denn höhere Gebühren den Haushalt entlasten?
Heitmann: Vielleicht läuft es eher in die andere Richtung. Ich halte es für möglich, dass ein Gericht die kalkulatorischen Zinsen von sieben Prozent, mit denen wir rechnen, für zu hoch erklärt. Wir können nicht wie bisher den städtischen Haushalt über den Gebührenhaushalt finanzieren. Das ist nicht rechtens.
Also muss sich die Stadt von Vermögen trennen, um beim Haushalt vorwärts zu kommen?
Heitmann: Ja. Es gibt Schul- und Verwaltungsgebäude, die wir nicht mehr brauchen. Miethäuser sind besser bei der Wohnstätte aufgehoben, gewerbliche Immobilien bei der Grundstücksgesellschaft.
Ist denn auch ein Teilverkauf der Stadtwerke denkbar?
Heitmann: Warum denn nicht? Das hat noch niemandem geschadet. Keiner wird es heute als Fehler ansehen, dass wir damals die RWE-Aktien der Stadt verkauft haben. Aber solche Erlöse gibt es natürlich nur einmal. Dauerhaft lässt sich damit kein Haushalt sanieren. Dazu braucht es strukturelle Änderungen.
Gibt es Fehler bei der Nutzung der knappen Gewerbeflächen?
Heitmann: Ja, die gibt es. Wir müssen die Areale kleinteiliger abgeben, weil kleinere und mittlere Betriebe mehr Arbeitsplätze schaffen, als dies die großen Logistiker tun. Das würde auch zu höheren Einnahmen bei der Gewerbesteuer führen. Man soll seine Eier nicht nur in wenige Nester legen.
Löst die Beschallung mit klassischer Musik die Probleme auf dem Theaterplatz?
Heitmann: Das alleine sicher nicht. Aber es könnte ein Beitrag sein. Wir müssen die Eingänge in die Tiefgarage von außen schließen, Beete nicht neu bepflanzen. Es geht darum, den Platz für die Szene unattraktiv zu machen.
Und wo sollen die Menschen hin?
Heitmann: Die Szene in der jetzigen Größe ist erst auf dem Theaterplatz entstanden. Dass die Menschen geschlossen einen anderen Ort suchen, ist nicht sicher. Wir sind dabei, den Theaterplatz aufzugeben und ihn der Szene zu überlassen.
Wie schneidet die FDP bei der Kommunalwahl ab?
Heitmann: Bei der Bundestagswahl waren es 6,5 Prozent. Ich glaube, dass wir die Chance haben, es auf sieben Prozent plus zu bringen.