Volker Pispers wettert gegen das arrogante Drecksack-Land
Der Kabarettist verkündete am Samstag bittere Wahrheiten, verpackt in ausgeklügelten Wortwitz.
Krefeld. Wer kennt noch die Zeit, als der Russe vor der Tür stand und Telefone ein Kabel hatten? Wenn man sich daran erinnern kann, sagt das nicht nur etwas über das eigene Alter aus. Es zeigt auch, dass man 1990 jeden, der damals prognostiziert hätte, dass „Conan der Barbar“ alias Arnold Schwarzenegger 13 Jahre später Gouverneur von Kalifornien werden würde, in eine geschlossene Anstalt hätte einweisen lassen. Zumindest behauptet das Volker Pispers in seinem neuen alten Programm „Bis neulich“.
Neu, weil er selbstverständlich jedes Jahr sein 2002 veröffentlichtes Programm aktualisiert und aufpoliert. Und alt, weil es erstens seit längerem gleich heißt, und weil zweitens die Probleme immer dieselben sind.
Schon damals hatten die Deutschen Angst vor dem Aussterben, vor dem Klimawandel und natürlich vor der Steuererhöhung. Da ist es schon ein wenig merkwürdig, dass Jahr für Jahr Dänemark, Schweden und Norwegen zu den Ländern gehören, deren Einwohner am zufriedensten sind. Haben sie doch die geringste Bevölkerungsdichte und die höchsten Steuersätze.
Es gab solides politisches Kabarett vom Allerfeinsten am Samstag im ausverkauften Seidenweberhaus. Bereits seit 28 Jahren geifert, nörgelt, kritisiert und prangert Volker Pispers auf seine unnachahmliche, wortgewandte und intelligente Art die Missstände der Gesellschaft an.
Ob Wirtschaft, Bildung oder Gesundheit — Pispers wettert seit dem Beginn seiner Karriere gegen immer dieselben Miseren an. Da sei es doch gut, dass diejenigen, die ins politische Kabarett gehen, immer sagen könnten: „Ich war nie eine Blockflöte, sondern immer eine Querflöte, hier meine Eintrittskarte als Beweis!“ Volker Pispers ist eben beispiellos wortgewandt.
Dies stellte auch ein Zuschauer in einer E-Mail an ihn fest. Ihm gefiel jedoch nicht, dass der 53-Jährige sehr häufig das Wort „Arschloch“ gebrauche. Seitdem liegt der Kabarettist jeden Abend da und denkt über neue Wortkreationen nach. Und Pispers wäre nicht Pispers, wäre ihm da nicht auch was eingefallen.
Doch jemanden als unappetitliche oder hirnferne Körperöffnung zu betiteln, klingt viel zu nett, um das raffgierige, asoziale Pack in Politik und Wirtschaft auch nur annähernd zu beschreiben, so der Kabarettist. Er sei für Schwerter zu Flugscharen, und fordert folglich auch Politiker zu Menschen. Unsere Wirtschaftsform sei zu einer Religion geworden und Deutschland ein arrogantes Drecksack-Land.
Harte Worte, über die man nachdenken sollte. Denn Pispers’ gut recherchierte Zahlen und Informationen sowie seine wohlüberlegten Pointen treffen immer ins Schwarze. Man muss konzentriert seinen Reden zuhören, denn es steckt in jedem Satz ausgeklügelter Wortwitz und soviel Wahrheit, dass man sie manchmal gar nicht hören möchte.
Nichts und niemand entgeht seinem kritisch geschulten Auge. Ob Sarrazin, von der Leyen, Westerwelle, der Papst oder die Schweiz: Er hechelt alles durch, was in Wirtschaft, Religion und Politik auch nur eine Schlagzeile wert war.
Nach einem Pispers-Abend ist man allumfassend über das Weltgeschehen informiert, doch beruhigt ist man deswegen noch lange nicht.