Wie das Seidenweberhaus seinen Namen bekam

Das Seidenweberhaus wurde von Bürgern benannt. 2000 Mark sollten an die Gewinner des Preisausschreibens gezahlt werden, es wurden allerdings 29 000 Mark.

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Krefeld. Abriss oder Sanierung? Die Frage, was mit dem Seidenweberhaus passieren soll, ist momentan allgegenwärtig und viel diskutiert. Unabhängig von der Zukunft des Gebäudes lässt sich nicht leugnen, dass das Seidenweberhaus ein Stück Krefelder Geschichte ist und viele der WZ-Leser sogar an einem Preisausschreiben teilgenommen haben, um der Halle ihren Namen zu geben. Dabei ist eine Panne passiert, die die Stadt damals viel Geld kostete.

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„Für das Kind wird ein Name gesucht“ hieß es im April 1974 in der WZ. Der Sonderausschuss für die Theaterplatz-Bebauung billigte ein PR-Konzept der Werbeagentur Göldenbach. Nicht nur die Krefelder sollten einen Namen für die neue Stadthalle finden, sondern auch die niederrheinischen Nachbarn aus Goch, Kevelaer, Geldern und Kleve. Wobei sich der Sonderausschuss vorbehielt, unabhängig von den Eingängen einen Namen wählen zu können. Soweit so gut.

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2928 Bürger haben sich an dem Namenswettbewerb beteiligt. 21 Bürger hatten sich für den Namen Seidenweberhaus ausgesprochen. Mehr, nämlich 52 Vorschläge, waren für die Seidenweberhalle. Nach stundenlangen Debatten hatte sich der Sonderausschuss dann auf den Namen „Seidenweberhaus“ geeinigt.

Unter den Vorschlägen waren auch weniger ernst gemeinte, wie: Schuldenbunker, Schandfleck, Monetengrab, Jubelbau, Idiotenhügel und Termitenbau.

Nachdem der Name nun also gefunden war, sollte das Geld an die Gewinner verteilt werden — und da wurden alle auf die Panne aufmerksam. Unter der Ausschreibung stand nicht der sonst übliche Zusatz: „Gehen mehrere richtige Einsendungen ein, entscheidet das Los. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.“ 22 Bürger hatten demnach Anspruch auf den ersten Platz. Für den standen aber nur 500 Mark zur Verfügung. „Was hier passiert ist, hätte nicht passieren dürfen“, sagt Ratsherr Karl-Walter Geiß.

Es gab eine Sondersitzung des Ausschusses, bei der das Dilemma um das Preisausschreibung das beherrschende Thema war. Wäre der erste Preis auf alle Preisträger verteilt worden, so hätte jeder nur 22,70 Mark bekommen. Beim zweiten Preis wären für jede der 52 Einsendungen nur 5,75 Mark vorhanden gewesen. Die beiden, die sich den dritten Platz teilten, hätten je 100 Mark erhalten.

Im Ausschuss wurden einige Stimmen laut, die dagegen waren. „Eine äußerst schlechte Einführung für das Seidenweberhaus“, sagte Geiß. Ratsherrin Marianne Schüren ergänzt: Damit machen wir uns unmöglich.“ „Wir werden unglaubwürdig für die Öffentlichkeit“, sagte Ratsherr Carl-Friedrich Karg. Es müsse eine bessere Lösung her, auch wenn sie mehr koste, als die bereitgestellten 2000 Mark.

So wurde diskutiert, eine Aufstockung des gesamten Preisgeldes auf 29 000 Mark vorzunehmen. Da hatte allerdings Ratsherr Wilfried Fabel etwas dagegen. Er sehe es nicht ein, „dass dafür Geld rausgeschmissen wird“, während etwa auf sozialem Gebiet jeder Pfennig umgedreht werde. Er schlug eine andere Lösung vor, das bei jedem Preisausschreiben übliche Verfahren anzuwenden: Nämlich, wenn mehrere richtige Einsendungen eingehen, solle der Gewinner ausgelost werden. Dass genau diese Rechtsbelehrung in der Ausschreibung gefehlt habe, tat Fabel mit den Worten ab: „So genau hat doch keiner die Ausschreibung gelesen. Das weiß doch niemand mehr.“

Der Verwaltungsvorschlag wurde angenommen und der Etat aufgestockt. Regressansprüche an den für die Ausschreibung Verantwortlichen Willi Göldenbach wurden angezweifelt, da der Kämmerer den Ausschreibungsentwurf abgezeichnet hatte. Es bekamen also 22 Bürger ein Preisgeld von 500 Euro, alle die auf dem zweiten Platz gelandet sind, bekamen 300 Mark und die auf dem dritten Platz 200 Mark.