Sommerserie Ein schöner Tag im rollenden Museum in Wuppertal
Wuppertal · Nicht nur etwas für Nostalgiefans: Unterwegs mit den Bergischen Museumsbahnen.
„Dinngg!“ Der Fahrschein ist gelocht, Triebwagen 105 rollt langsam den Berg hinauf und quietscht dabei ganz ordentlich. Das gehört zum Fahrspaß dazu in „Westdeutschlands kleinstem Straßenbahnbetrieb“, wie der Verein Bergische Museumbahnen (BMB) wirbt. Er pflegt das letzte erhaltene Stück Straßenbahn im Wuppertaler Süden und lädt alljährlich von Frühjahr bis Herbst zu Fahrten in historischen Fahrzeugen aus der ganzen Region ein. Triebwagen 105 ist einer von ihnen, gebaut im Jahr 1927 und jahrelang im Einsatz bei den Wuppertaler Stadtwerken – ein besonderes Schätzchen, liebevoll gepflegt von den Vereinsmitgliedern, die sich ehrenamtlich für das fahrbare Museum an der Stadtgrenze zu Solingen engagieren.
Eine Fahrt durch schönstes Grün mit phantastischen Ausblicken
Ein Ziel, nicht nur für Technikfans, denn die Fahrt in einem der historischen Gefährte führt durch schönstes Grün, am Ende der Strecke bieten sich phantastische Ausblicke und Wandermöglichkeiten durch das idyllische Kaltenbachtal.
Start ist an der Kohlfurther Brücke, auf Wuppertaler Gebiet, wo der BMB auch regelmäßig seine Werkstatt öffnet. Gefährt an Gefährt reiht sich in der mehrgleisigen Halle, darunter sind auch Schätzchen, die der Verein gern zurück auf die Schiene bringen möchte: „Ich will wieder“, steht auf dem Schild im Fenster des Triebwagens 342. Er soll im Jahr 2020 wieder aus eigener Kraft fahren, dazu braucht die komplett ehrenamtlich organisierte Gemeinschaft Unterstützung und hält auf ihrer Webseite auch Spendeninformationen bereit.
Den Verein gibt es, seit vor mehr als 50 Jahren erste Stilllegungen Technikfans auf den Plan riefen. Nur ein kleines, etwa drei Kilometer langes Teilstück blieb übrig von dem dichten Verkehrsnetz, das einst von verschiedenen Betreibern bedient wurde: Es gehörte zur sogenannten Überlandlinie 5, die die Kohlfurth am Ufer der Wupper mit dem 150 Meter höher gelegenen Stadtteil Wuppertal-Cronenberg verband.
Durch das idyllische Waldstück fährt nun die Bergische Museumsbahn mit ihren aufgearbeiteten Schätzchen. Über Jahre haben die Ehrenamtler ausrangierte Straßenbahnen übernommen, gelagert, restauriert und dabei möglichst in ihren Originalzustand versetzt. Sie lassen sich bei geöffneter Werkstatt gern über die Schulter schauen von den Besuchern, die auf diese Weise viel erfahren über die Herkunft und die frühere Verwendung der Straßenbahnen. Ein Schmuckstück beispielsweise stammt von der Barmer Bergbahnen AG, ein jüngeres Modell von der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahn AG. Viele der früheren Werbebotschaften an den Bahnen sind passend zur jeweiligen Epoche erhalten geblieben.
Wagen sind das eine – die Strecke ist das andere: Sie wurde unter strengen technischen und sicherheitstechnischen Auflagen wieder fahrtüchtig gemacht, so dass 1992 die Bergischen Museumsbahnen den Fahrbetrieb auf einem ersten Teilstück zwischen der Kohlfurther Brücke und der Haltestelle Friedrichshammer aufnehmen konnten. „Der damalige Ministerpräsident Johannes Rau stellte symbolisch dazu die Weiche“ heißt es in der Chronik, „ein Jahr später wurde der Teilabschnitt Friedrichshammer - Kaltenbach in Betrieb genommen“. Und wieder zwei Jahre später, im Jahr 1995, folgte der Streckenabschnitt von Kaltenbach nach Greuel.
Fahrtag an jedem zweiten und vierten Sonntag in der Kohlfurth
Während der Saison ist an jedem zweiten und vierten Sonntag in der Kohlfurth Fahrtag bei den Bergischen Museumsbahnen. In diesem Sommer sind die historischen Straßenbahnen noch am 11. und 28. August, am 11. und 25. September sowie am 9. und 23. Oktober im Einsatz. Geplant ist außerdem erneut, zur Nikolauszeit am 7. und 8. Dezember auf die Strecke zu gehen.
Eine gute Viertelstunde dauert die einfache Fahrt von der Kohlfurther Brücke über die Haltestellen Schulkohlfurth, Petrikshammer, Friedrichshammer, Kaltenbach bis zur Endstation Greuel. Etwa alle 30 Minuten werden die Haltestellen angefahren – und mitzufahren ist ganz unkompliziert und ohne Anmeldung möglich: Man steigt einfach ein.
Vorbei am Industriedenkmal geht es durch das idyllische Tal
Die Strecke führt durchs idyllische Kaltenbachtal, vorbei am Industriedenkmal Manuelskotten (s. u.) mit eigenem Wasserrad, bis hoch zum Naturfreundehaus. Das bietet neben tollen Ausblicken und einer schönen Terrasse auch Gelegenheit zur Einkehr inklusive bodenständigem Imbiss.
Wanderer können die Museumsbahn nutzen, um von der Höhe aus im wunderschönen Gelpetal auf zahlreichen Pfaden Natur erleben – die Wege sind überwiegend sehr gut beschildert. Wer’s lieber bequem mag und sich zurückfahren lassen möchte, kann den Tag bei einem Kaltgetränk an der Wupper ausklingen lassen – zum Beispiel im benachbarten Strandcafé auf Wuppertaler Seite oder im Café Hubraum auf Solinger Gebiet.