Auge um Auge, Zahn um Zahn

Offen Gesagt

Sobald etwas in Wuppertal in den politischen Raum gerät, wird es zum Problem. Das ist jetzt sogar bei einem sonst so unstrittigen Thema wie dem Ehrenring der Fall. Was ist geschehen? Eine Initiative honoriger Bürger will, dass der Macher der Nordbahntrasse, Carsten Gerhardt, in den erlesenen Kreis der Ehrenringträger aufgenommen wird. Im Anschreiben an den Oberbürgermeister heißt es, das solle in der nächstmöglichen Ratssitzung geschehen. Das wäre im März und ein ziemlich schnelles Verfahren. Gleichzeitig wabert durch Wuppertal das Gerücht, dass eben jener Carsten Gerhardt unabhängiger Kandidat für das Amt des Oberbürgermeisters werden soll.

Und an dieser Stelle lauert Gefahr. Denn so wird der Ehrenring zum Politikum. Sollen SPD und CDU im Stadtrat einem Mann Wahlkampfhilfe leisten, der ihren Kandidaten beziehungsweise den Amtsträger aus dem Rathaus jagen will? Will die Gruppe honoriger Bürger den Stadtrat wirklich dazu zwingen und ihn damit am Nasenring durch die Stadt führen? Oder kann es sein, dass hinter dem Antrag auf Ehrenring für Gerhardt jemand Strippen zieht und Prominente dafür benutzt?

Die Sache ist unappetitlich und des Anlasses nicht würdig. Sie zeigt, wie in Wuppertal derzeit Politik gemacht wird. Statt mit Ideen, Vorschlägen, Kritik und Anregungen offen auf den Markt zu gehen, wird hier der Anschein von Mauschelei erweckt. Das erinnert frappant an die Geschichte des Carnaper Platzes und die berechtigten Rufe nach mehr Transparenz.

Auge um Auge, Zahn um Zahn? Wenn das die Methode sein soll, mit der jenem Ehre zuteil werden soll, dem sie gebührt, dann befindet sich irgendwer mächtig auf dem Holzweg.

Es gibt einige Wuppertaler, die für ihr Wirken an den Menschen in dieser Stadt den Ehrenring verdient haben. Und auf dieser Liste steht Carsten Gerhardt ganz weit oben. Aber die Entscheidung, wann er den Ring bekommt, muss dem Stadtrat überlassen bleiben. Sonst nehmen der Ring und sein Träger Schaden. Und das haben beide nicht verdient.