Energiewende in Wuppertal (9): "Ein vorbildliches Drei-Liter-Haus"
Um seine beiden Wohnhäuser fit für die Zukunft zu machen, setzt Rolf Kothe bereits seit Jahren auf die Kraft der Sonne und die Technik eines Blockheizkraftwerks.
Wuppertal. Das Hinweisschild in Höhe der Türklingel lässt erahnen, dass auf der anderen Seite ein Überzeugungstäter arbeitet. „Mein Haus ist ein vorbildliches Drei-Liter-Haus“, ist darauf zu lesen — mit freundlichem Gruß des Landeswirtschaftsministers. Adressat ist Rolf Kothe. Er hält seine Mehrfamilienhäuser an der Hermannstraße und am Rittershauser Platz selbst als Altbauten energietechnisch auf dem neuesten Stand.
„Ich freue mich wie ein kleiner Junge auf die nächsten zehn Jahre“, sagt der 67 Jahre alte Sprockhöveler — und meint damit den geplanten Abschied von der Atomkraft und die Energiewende in Deutschland. „Ich bin fest davon überzeugt, dass wir das schaffen können, wenn jeder sich Gedanken dazu macht, was er dazu beitragen kann.“
Rolf Kothe hat als Vermieter diese Entscheidung längst für sich getroffen — und betreibt in seinem Mehrfamilienhaus an der Hermannstraße 24 bereits seit fünf Jahren ein Blockheizkraftwerk, das in Kombination mit einer Photovoltaikanlage Wärme und Strom produziert.
Als Kothe sich für deren Einbau entschied, habe er noch mit Papierkriegen, Vorbehalten und Widerständen zu tun gehabt. Abgesehen davon, dass er seit jeher mit spitzem Bleistift rechnet und ein Faible für Energietechnik hat, geht es dem Immobilienbesitzer nach eigenem Bekunden vor allem darum, Zeichen zu setzen und bei den vielen Leerständen in Wuppertal konkurrenzfähig zu bleiben: „Jede Generation muss für sich entscheiden, was beim Thema Energie für sie richtig ist“, sagt der Vater von zwei erwachsenen Töchtern. „Für mich sind Blockheizkraftwerke und Photovoltaikanlagen Investitionen, die unseren Kindern und Enkeln zugute kommen.“
24 Familien wohnen in den beiden Häusern, die Kothe nach und nach hat durchsanieren lassen: So wurde das Anfang der 60er Jahre gebaute Haus an der Hermannstraße seit der Übernahme 1988 auf Stand gebracht: Dazu gehörte der Abschied von energiefressenden Nachtspeicheröfen und Gas-Etagenheizungen ebenso wie die Wärmedämmung der Fassade.
Jetzt laufen im Keller die Fäden von Rolf Kothes persönlicher Energiewende zusammen: „Wir waren in Wuppertal damals die ersten, die ein Blockheizkraftwerk in einem privaten Mehrfamilienhaus in Betrieb genommen haben“, ist sich der 67-Jährige sicher. Jetzt liefert die mit Erdgas betriebene Anlage 5,5 Kilowatt pro Stunde und bis zu 28 000 Kilowatt im Jahr. Darin werden über die Kraft-Wärme-Kopplung Strom und Wärme erzeugt. Der Strom, der im Haus nicht selbst verbraucht wird, wird ins Netz der Wuppertaler Stadtwerke abgegeben.
Hinzu kommt eine Photovoltaikanlage auf dem Hausdach, die noch einmal eine Kapazität von 12,6 Kilowatt hat — und je nach Wetterlage durchschnittlich etwa neun Kilowatt liefert. Die Energiedaten lässt sich der Vermieter per Sender nach Hause auf den PC schicken, um — auch hier — immer auf dem neuesten Stand zu sein. Effekt für die Mieter: Gutschriften statt Nachzahlungen bei der sonst gefürchteten Energiekosten-Abrechnung.
Aber auch das sind für Rolf Kothe, der seine Frau Jutta ebenfalls für das Thema begeistert hat, nur Etappensiege auf einem langen Weg. „Es ist noch soviel zu tun“, sagt der Hausbesitzer. „Es kann nicht sein, dass wir zum Mars fliegen wollen und es gleichzeitig nicht schaffen, unsere Häuser vernünftig zu isolieren.“
Eine Stadt wie Wuppertal mit ihren vielen Wohnungsleerständen „in die Knie gehen zu sehen“ sei Ansporn genug. Grundsätzlich müsse aber auch etwas am Steuerrecht getan werden, was die Abschreibung solcher Investitionen betrifft. „Das sind allein bei der Photovoltaik 20 Jahre und bei der Hausfassade 50 Jahre“, rechnet Kothe vor — auch mit Blick auf eine Mehrwertsteuer, „die Vater Staat immer sofort bekommt. Und das ist doch ein Widerspruch in sich.“