Jung: Bund und Land sind schuld am Finanz-Desaster

WZ-Interview: Der Oberbürgermeister sagt, Wuppertals Probleme seien nicht hausgemacht

Herr Jung, möchten Sie als der Wuppertaler Oberbürgermeister in die Geschichte eingehen, der die Stadt kaputt gespart hat?

Jung: Mit Sicherheit nicht, und ich werde auch nicht so in die Geschichte eingehen. Ich möchte aber als der Oberbürgermeister in die Geschichte eingehen, der es durch seine Politik geschafft hat, der Stadt wieder eine Perspektive zu geben. Und das auf einem soliden finanziellen Fundament.

Jung: Das müssen wir sorgfältig abwägen. Ein Teil der geplanten Einsparungen soll ja durch Alternativfinanzierungen erreicht werden, geht also nicht zu Lasten der sozialen Angebote. Teilweise sind auch Mehrfachangebote betroffen, die wir uns einfach nicht mehr leisten können. Wichtig ist, dass wir immer noch mit 6,5 Millionen Euro im freiwilligen Bereich, also über die gesetzlich vorgeschriebenen Sozialausgaben hinaus, soziale Projekte fördern.

Jung: Wenn der Zuschuss der Börse gestrichen wird, bedeutet das ja nicht, dass dort nicht mit privaten Mittel etwas stattfinden kann. Die Frage ist doch: Muss es für eine Einrichtung wie die Börse städtische Zuschüsse geben oder geht das nicht auch anders? Wenn etwa jeder der 80.000 Besucher der Börse pro Jahr nur 2,50 Euro zusätzlich zahlte, dann wäre der fehlende Betrag bereits wieder mehr als ausgeglichen.

Jung: Das ist kein vorauseilender Gehorsam. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass die Sanierung der Kommunalfinanzen nur dann funktionieren kann, wenn vier Dinge ineinander greifen: Einerseits müssen die Kommunen selbst sparen, wo sie können, so wie wir das mit unserem Sparkonzept vorschlagen. Ohne diese Anstrengungen verschwendet niemand einen Gedanken an Hilfe für uns. Die zweite Säule sind die Bürger, die werden durch höhere Eintrittspreise und Nutzungsentgelte gefordert. Die dritte Säule ist der Bund, der sich vor allem bei den Kosten der Arbeitslosigkeit bewegen muss. Und viertens muss das Land den Kommunen helfen, von diesen immensen Altschulden herunter zu kommen.

Jung: Der Bund hat ja schon eine Kommission eingesetzt, an der die kommunalen Spitzenverbände beteiligt sind. Ich kann mir außerdem nicht vorstellen, dass wir vom Land kein Signal erhalten. Ich erwarte das! Keine Landesregierung wird an den Problemen der Kommunen vorbei kommen.

Jung: Nein, das ist nicht richtig. Sicher kann man über die eine oder andere kommunalpolitische Entscheidung der Vergangenheit streiten, das ist überhaupt keine Frage. Aber die Hauptlast, die Wuppertal zu schultern hat, ist dadurch entstanden, dass durch Bund und Land hemmungslos Aufgaben auf die Stadt abgewälzt wurden, wie etwa der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz.

Jung: An den hohen Defiziten sind diejenigen Schuld, die immer alles auf die Kommunen abgewälzt haben. Das muss man deutlich sagen.

Jung: Es mag in Wuppertal ein Versäumnis gegeben haben, in den 80er Jahren, in denen die Stadt mehr Gewerbeflächen hätte anbieten müssen. Das haben mein Amtsvorgänger Hans Kremendahl und ich in meiner ersten Amtszeit korrigiert. Heute ist es unser Ziel, vorausschauend bereits jetzt die Gewerbeflächen zu entwickeln, die dann in fünf oder zehn Jahren vermarktet werden sollen.

Jung: Hier muss man auch sehen, warum Wuppertal als Beispiel genannt wird.

Jung: Weil wir schon sehr früh alle Zahlen zur Finanzentwicklung unserer Stadt veröffentlicht haben, um auf das grundsätzliche Problem aufmerksam zu machen. Wir haben die dramatischen Steuerrückgänge schon zu einem Zeitpunkt mitgeteilt, als andere Städte noch verkündeten, bei ihnen gäbe es keine Einbrüche.

Jung: Also, das ist ja nun ein anderes Thema, da muss ich mal in die Historie der Schwebebahnsanierung einsteigen. Da sind natürlich Fehler gemacht worden. Hätte man die Sanierung gradlinig durchgezogen und nicht mit anderen Dingen belastet, dann wäre sie längst abgeschlossen.

Jung: Ja, ich meine den Denkmalschutz.

Jung: Das Gutachten ist aus dem Mai, aber dann im Herbst unter dem Aspekt des bevorstehenden Frostes nachgearbeitet worden.

Jung: Das ist richtig. Es wurde aber bei den laufenden Prüfungen festgestellt, dass der Zustand der alten Gerüstteile sich durch die Minustemperaturen noch einmal verschlechtert hatte. Daher gab es zu der Betriebspause leider keine Alternative.

Jung: Die Stadt kann sich behaupten. Die Stadt hat ein Theater, nämlich das Opernhaus für alle Sparten, das in einem fantastischen Zustand ist. Wir haben mit der Stadthalle einen grandiosen Konzertsaal, ein überragendes Orchester. Und wir haben die Schwimmoper, das ist ein hochattraktives Stadtbad. Wir haben das Von der Heydt-Museum, den Skulpturenpark, den wunderschönen Zoo.

Jung: Man tritt nicht aus einer Partei aus, deren Werte und Politik der eigenen Geisteshaltung entspricht. Ich sage Ihnen aber ganz deutlich, ich erwarte vom Land ein solches Signal im März, bevor wir uns ansonsten andere Maßnahmen überlegen.

Jung: Das erfahren Sie zur rechten Zeit. Wenn man mit Aktionen Wirkung erzielen will, darf man sie nicht lange vorher ankündigen.