Mehr als sieben Brücken:Von Grenzen, Pleiten und Rekorden

Wupperbrücken: Die älteste, die jüngste, die höchste und die schicksalhafte Verbindung – über den Fluss, der den Orten an seinen Ufern vor 81 Jahren einen neuen Namen gab.

Wuppertal. 55. Eine buchstäblich verbindende Zahl ist das: Genau so viele Wege über die Wupper gibt es im Stadtgebiet. 18 Fußgänger- und 37 Straßenbrücken, verteilt von Ost nach West. Jede mit ihrer eigenen Geschichte.

Eine der spannendsten hätte sicher das älteste Wuppertaler Brückenbauwerk zu erzählen, wenn es denn könnte: die Heckinghauser Zollbrücke. Turbulente Zeiten müssen das gewesen sein damals, an der Wupper, vor mehr als 250 Jahren. Auf der einen Seite des Ufers erstreckte sich das Hoheitsgebiet des Herzogtums Berg, auf der anderen hausten die untertänigen Bewohner der Grafschaft Mark. Historisch betrachtet befand sich damit auf der linken Wupperseite das Rheinland und auf der rechten Westfalen.

Handel und Wandel hatten sich rasant entwickelt, und also erfuhr im Laufe des 18. Jahrhunderts ein Grenzpass zwischen Berg und Mark überaus rege Nutzung: Die Heckinghauser Zollbrücke wurde 1775 erbaut und ersetzte dem Vernehmen nach eine alte Holzkonstruktion über den Fluss. Hochbetrieb herrschte auf der wichtigen Verbindung von Schwelm über Langerfeld und Heckinghausen nach Remscheid: Kohlensäcke wurden transportiert, Garn und Eisenwaren verladen, Pferdegespanne waren unterwegs. 9511 Taler, so wird berichtet, hat das Bauwerk damals gekostet und sich für die privaten Besitzer im Laufe der Jahrhunderte amortisiert - sie kassierten das, was man heute wohl Maut nennen würde.

Im Jahr 1925 ging das Bauwerk vom Familienbesitz an die Stadt Barmen, tat seinen Dienst als Verkehrsweg bis 1975 und durfte dann den wohlverdienten Ruhestand antreten: Die Brücke wurde für den Autoverkehr gesperrt.

Mehr als zwei Jahrhunderte waren buchstäblich an die Substanz gegangen. Ab Sommer 2003 wurde das geschichtsträchtige Bauwerk saniert und im Jahr 2005 runderneuert mit einem großen Fest gefeiert.

Das Heckinghauser Wahrzeichen ist ziemlich genau 232 Jahre älter als die Brücke Buchenhofen am anderen Ende der Stadt: Die Spannbeton-Balkenbrücke auf Vohwinkeler Gebiet wurde 2007 errichtet und ist laut Verwaltung der jüngste Übergang über die Wupper.

Allerdings nur dann, wenn man die frisch renovierte Kohlfurther Brücke nicht einrechnet: Sie verbindet das Wuppertaler und das Solinger Ufer in der Kohlfurth und ist nicht nur Motorradfans ein Begriff. An sonnigen Wochenenden kommen sie zu Dutzenden her und genießen den Tag am Fluss. 2005 war die Brücke wegen Einsturzgefahr geschlossen, nach großem Protest saniert und vor knapp drei Monaten wiedereröffnet worden.

Als Ergebnis einer Mischfinanzierung, die die Städte Wuppertal und Solingen gemeinsam mit dem Land und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz auf den Weg gebracht hatten, konnte die Sanierung für gut eine Million Euro gestemmt werden.

Mit dieser Summe würde man bei Deutschlands höchster Eisenbahnbrücke wohl nicht weit kommen: Die Müngstener Brücke befindet sich zwar nicht mehr auf Wuppertaler Stadtgebiet - über die Wupper führt sie aber schon seit 1897. Dem 107 Meter hohen und mittlerweile materiell doch recht ermüdeten Stahlkoloss müsste dringend geholfen werden. Ob und wie und wann, das wird zurzeit diskutiert.

Viel geredet wurde auch schon immer über - vor allem aber rundum die Haspeler Brücke. Das denkmalgeschützte Bauwerk bildet seit mehr als 100 Jahren auch den "fließenden Übergang" zwischen Elberfeld und Barmen, gutaussehend dazu und elegant an einem bedeutsamen Ort: Schon im Mittelalter gab es an der Stelle eine Wupperfurt. Die nutzten redliche und arglistige Bürger im Tal, reiche und arme Geschäftsleute. Der berühmte Ausspruch, nach dem etwas "über die Wupper geht", ist nach Überzeugung vieler ganz in der Nähe geprägt worden: Um auf die nahe Gerichtsinsel zu gelangen und beim Amtsgericht Insolvenz anzumelden, mussten zahlungsunfähige Geschäftsleute das Ufer wechseln. Ihre Firma ging damit ebenfalls über die Wupper.

Wenn Wuppertal etwas Sehenswertes hat, dann ist das natürlich die Schwebebahn. Sie ist seit ihrer Entstehung ein Postkartenmotiv. Doch wollten Talbesucher in früheren Zeiten vor ihren Lieben mit satter Technik angeben, dann verschickten sie eine Postkarte von der eindruckvollen Sonnborner Wupperbrücke: Hoch auf ihr die Eisenbahn, unter ihr die Schwebebahn - sogar ein Motiv mit Zeppelin gab es. Eröffnet wurde das Bauwerk 1841 mit der Bahnstrecke und war lange Zeit ein echtes Unikum. Nach Erweiterungs- und Umbau ist am Zoo bis heute eines sicher: Die Sonnborner Brücke ist die einzige Wupperbrücke, die gleichzeitig auch über die Schwebebahn führt.