Stadtteilspaziergänge (4): Wuppertals westfälische Seite
Von allem etwas: Alte Geschichten, gemütliche Ecken, Industrie — und der Sport.
Langerfeld. „Die Langerfelder sind anders als der Rest der Wuppertaler“, sagt Margarete Hahn. Etwas schwerfälliger, etwas verschrobener. Das liege daran, dass vor der Eingemeindung 1922, wonach der jetzige Stadtteil zu Barmen gehörte, Langerfeld westfälisch war — Barmen jedoch rheinländisch. „Ja — und der Westfale ist halt ein ganz eigener Typ.“ Das sei positiv zu verstehen: „Er ist treu und bereit, viel für die Gemeinschaft zu tun. Nur von auswärts Kommende haben es ein bisschen schwerer.“
Das bekam auch Margarete Hahn zu spüren. Vor 25 Jahren zog sie in den Stadtteil „weil wir ein altes, Bergisches Fachwerkhaus gekauft haben“. Mittlerweile ist die 64-Jährige voll integriert — seit zehn Jahren sogar als Vorsitzende des Bürgervereins. Und das mit Leidenschaft. Denn ihr Stadtteil hat einiges zu bieten: „Hier ist Geschichte noch greifbar“, sagt Hahn. Überall sieht man Zeugen der alten Zeit, in der die Textil-Industrie florierte, denn Langerfeld blieb von den Luftangriffen 1943 weitgehend verschont, nur die Angriffe von 1945 zerstörten Teile. Alte Schindel-Häuser, Fabriken, vereinzelte Villen prägen das Ortsbild. „Das bekannteste Unternehmen war Henkels für Spitzen und Bänder“, sagt Hahn. Die Gebäude, etwa die Fabrik an der Langerfelder Straße, prägen den Stadtteil bis heute.
Wenn man mit Margaret Hahn die Langerfelder Straße in Richtung Markt entlang spaziert, und dann über die Schwelmer- in die Spitzenstraße einbiegt, hat die Langerfelderin vieles zu erzählen. Etwa über das malerische „Haus Cleff“, in dem der Bürgermeister wohnt und das älter als 330 Jahre ist. Oder über die ehemalige Flugzeugfabrik von Gottlob Espenlaub. „Wir hatten nämlich auch mal einen Flughafen.“ Espenlaub war passionierter Flieger, ist zweimal abgestürzt und überlebte. Seither hatte er eine „leicht sonderliche religiöse Einstellung“. Er veranstaltete Messen mit Wunderheilern. „Alte Langerfelder kennen ihn noch.“
Margarete Hahn mag diese alten Geschichten. Doch Langerfeld sei nicht bloß historisch. Der größte Arbeitgeber im Stadtteil ist heute das Handelsunternehmen EDE. Weitere sind etwa der Automobilzulieferer Fritz Völkel, heute Thyssen-Krupp, oder Fahnen Herold. Auch die Textilbranche ist vertreten, etwa durch die Firma Dieckhoff. Eine klassische Bandweberei ist das Unternehmen Artur Mönch. „Sie stellen Gummibänder her, unter anderem für Unterwäsche.“ Sie alle sind im Industriegebiet östlich der A 1 angesiedelt.
„Langerfeld ist also nicht nur Dorf. Obwohl es viele gemütliche Ecken gibt.“ Das eigentliche Zentrum ist der Langerfelder Markt mit dem Kriegerdenkmal. Kleine Geschäfte und Cafés gruppieren sich um den Platz. „Hier trifft man wirklich jeden.“
Allerdings habe es früher viel mehr Geschäfte gegeben, sagt Hahn. Bis vor einem Jahr waren auch noch die ,Marktstuben’ geöffnet, wo man sich auf ein Bierchen traf. Die Bezirksvertretung und der Bürgerverein hatten einen Wochen-Markt ins Leben gerufen. Heute sei dort freitags nur noch ein Metzger und ein Kartoffelstand. „Der Langerfelder ist halt ein Sparfuchs“, sagt Hahn nüchtern. Die Discounter seien das Problem. Hahn sieht es pragmatisch: „Leerstand ist immer auch eine Chance.“ Gerade erst hat ein Eissalon am Markt eröffnet. „Es tut sich was.“
Auch arbeitet man daran, den Stadtteil für Junge attraktiv zu machen. „Wir haben einige Neubaugebiete am Ortsrand. Wegen der guten Anbindung an die A 1 oder des S-Bahnhofs, ist es hier für Pendler ideal.“
Wenn man Margarete Hahn fragt, was in Langerfeld besonders hervorzuheben ist, dann antwortet sie spontan: „Der Sport. Im Handball sind wir sehr gut. Der LTV bei den Herren, Beyeröhde bei den Frauen.“ Auch das sonstige Angebot der Vereine sei „riesig“. „Und mit unserem Gartenhallenbad haben wir richtig Glück gehabt.“ Die Sanierung wurde kurz vor dem Haushaltssicherungskonzept bewilligt. Spaziergänger kommen auf den Höhen zum Zuge. Auf dem Ehrenberg gibt es sogar einen Wildpark. Eine Attraktion, zu der viele auch von auswärts kommen, sind die Wupperwände, die Kletterhalle im Rauental.
Und auch kulturell sind die Langerfelder laut Hahn vorn: Die Bandfabrik bietet Ausstellungen, Konzerte, Theater. „Besonders toll ist der ,Friday Night Jazz Club’: gute Musik und leckeres Essen in Kleintheater-Atmosphäre.“ Apropos: Das Leo-Theater, in dem vor allem Heinz Erhardt wieder zum Leben erweckt wird, ist dieses Jahr in größere Räume an die Öhder Straße gezogen. Hahn: „Allein für die Kleinkunst lohnt sich ein Besuch.“
“ Die nächste Stadtteil-Zeitung erscheint aufgrund des Feiertages erst am 5. Oktober. Dann führt unser Spaziergang nach Unterbarmen und Lichtscheid.