Wuppertaler Spitznamen: Die Blau-Städter und ihr Gustav

Die Blau-Siedlung trägt den Namen des Berliner Fabrikanten Gustav Blau.

Wuppertal. Heute würde man ihn wohl einen Investor nennen, jenen Gustav Blau, den aus Berlin stammenden Bauunternehmer und Grundstückspekulanten, der einem Wohnquartier in Cronenberg seinen Namen gab.

Genauer gesagt, die Cronenberger gaben dem heute dicht bebauten Wohngebiet an der Solinger Straße gegenüber dem Friedhof den Namen "Blau-Stadt". Und die Bewohner der Häuser südlich der Straße Untergründen, die früher Feldstrasse hieß, das sind die "Blau-Städter".

Das Wohnhaus an der Bonnenfelder Strasse 12, in dem Gustav Blau lange lebte, bevor er in den dreißiger Jahren nach Hamburg zog, hieß im Volksmund logischerweise "Blaus Villa". Es war ein Arbeiterviertel, in dem viele Familien in kleinen Wohnungen mit vielen Kindern lebten, Gärten und Kleintierhaltung für den eigenen Bedarf eingeschlossen.

Das Leben in der Blau-Stadt war nicht leicht, aber man hielt zusammen. Nur vier Gewerbetreibende lebten in dem Gebiet zwischen Untergründen im Norden, Nachtigallenweg im Westen und der Solinger Strasse im Osten: die Pferdemetzgerei Strothmann an der Bonnenfelder Strasse, die Lebensmittelläden von Carl Baden und Ernst Langensiepen und das Fuhrunternehmen Hermann Ebert. "Die Läden unserer Väter", so erzählen es die Ur-Blaustädter Karl-Günter Baden und Günter Langensiepen, "versorgten die Menschen nicht nur mit Lebensmitteln und vielen Dingen des täglichen Bedarfs.

18 Häuser, so sagt man, erwarb oder baute Gustav Blau, von dem man ansonsten nicht viel weiß - außer, dass er mit einem Pferdefuhrwerk das Baumaterial für seine Häuser von zum Abbruch vorgesehenen Gebäuden auf die Südhöhen geschafft habe.

Wenige Häuser nur standen bis dahin an der von den Napoleons Truppen gebauten Straße. Ältestes Gebäude der Blau-Stadt ist das Haus Solinger Strasse 60, erbaut 1875 von Karl Propach.

Viele Geschichten ranken sich um das Wohngebiet. So sollte das 1902 erbaute Haus von Ernst Langensiepen an der Ecke Untergründen - Solinger Strasse ursprünglich ein Hotel werden. Hotel "Kaiser Friedrich" sollte es heißen. Weil die Hotelgäste aber stets auf die regelmäßig gegenüber stattfindenden Beerdigungen hätten schauen müssen, nahm man davon Abstand. " Unzumutbar und pietätlos", befand man. Im zweiten Weltkrieg blieb die Blau-Stadt unversehrt. Da hatte der Cronenberger Fabrikant Ewald Neuhaus Gebäude und Grundstücke erworben.

Als der ebenso schrullige wie geizige Neuhaus, den man in Cronenberg "Babbes" nannte, Ende 1968 verstarb, lebten 92 Familien lange Monate im Ungewissen. Gerüchte machten die Runde, große Baugesellschaften seien am Erwerb der Liegenschaften von Neuhaus, der die Miete von seinem Auto aus bar kassierte, interessiert.

Schließlich kamen die 23 bebauten und unbebauten Grundstücke aus dem Nachlass von Ewald Neuhaus im Juni 1969 unter den Hammer. 35 Erben aus Deutschland, Holland und Frankreich durften sich über den Erlös von einer Million Mark freuen. Die neuen Eigentümer renovierten vielfach auch endlich die Häuser. Viele Grundstücke, insbesondere in der Bonnenfelder Strasse und am Nachtigallenweg wurden inzwischen bebaut. Die Blau-Stadt veränderte sich, der Name aber blieb.