Wuppertaler Spitznamen: Schneewittchen und der große Kleiderbügel
Doppel an der Ohligsmühle: Die Schwebebahn-Station bietet Märchen-Flair, das Gerüst hoch über der B7 das Ambiente eines Kleiderschranks.
Elberfeld. Schneewittchen und Rapunzel - zwei Damen, drei Gemeinsamkeiten: Sie sind beide bildhübsch, in der Märchenwelt zu Hause und haben einen sagenumwobenen Bezug zur Schwebebahnstation Ohligsmühle. Während nur ein paar Meter weiter, hoch über der B7, ein 190 Tonnen schwerer Kleiderbügel für Riesen hängt.
Spitznamen haben gerade an diesem Stück Wupper Tradition: Als es nach der Jahrtausendwende an den Austausch der Station Ohligsmühle ging, hatte diese - dank ihres nicht minder markanten Vorgängers-Modells - im Volksmund schon ihren Namen weg. Die symmetrisch-kantige Konstruktion mit ihren vielen schräg angelegten Glasflächen hinter vorgehaltener Hand als "Schneewittchen-Sarg" zu bezeichnen, liegt hier in etwa so nah wie das Islandufer.
Gut 2,8 Millionen Euro wurden 2003 in den neuen, vermeintlich futuristischen Bahnhof investiert, nachdem der Vorgänger mit seinen trüben Scheiben eher an ein befahrbares Gewächshaus erinnerte. Als der neue "Schneewittchen-Sarg" im November 2003 in der Hoffnung auf eine märchenhafte Vorweihnachtszeit der staunenden Öffentlichkeit übergeben wurde, da ahnte noch niemand, dass sich dort bald ein weiteres Märchenmädchen häuslich einrichten würde: Rapunzel steht für kleine und große Wuppertaler seit jeher für Unerreichbarkeit.
Unerreichbar blieb der Bahnsteig des "Schneewittchen-Sargs" leider auch für all jene Passagiere, die auf Aufzüge angewiesen sind und mit herabgelassenem Haar nichts anfangen können. Die Lift-Anlage wurde allerdings erst Ende 2006 in Betrieb genommen - nach dem jahrelangen Streit um die Fördermittel für den Schwebebahn-Umbau und einer nicht minder geharnischten Auseinandersetzung zwischen den WSW und der zunächst beauftragten Aufzugsfirma. Fast schon drohte sich also auch noch Dornröschen an der Ohligsmühle heimisch zu fühlen - hinter gut verschlossenen Aufzugstüren im gähnend leeren Glasschacht.
Tausend und eine Umbaunacht gab es zuvor im August 2002 an der benachbarten B7 zu erleben, als um 1 Uhr früh etliche Zaungäste im Licht von Scheinwerfern eine Sondervorstellung bei der großen Schwebebahn-Operation erlebten: Seinerzeit brachte ein Riesenkran den gut 190 Tonnen schweren Überbau in Stellung, der auch problemlos als Kleiderbügel für einen Riesen aus Grimms Märchen durchgehen könnte - satte und sperrige 92 Meter lang.
Wer eher auf abstrakte Kunst steht, greift mit Blick auf den Fahrgerüst-Überbau Ohligsmühle lieber zur ebenfalls im Volksmund überlieferten Bezeichnung "Das eiserne Pferd". Fehlt an dieser Stelle dann eigentlich nur noch ein Prinz, der den Zossen aus Stahl auf dem Weg zum Märchenmädchen seiner Wahl als Fortbewegungsmittel nutzt. Es muss ja nicht immer gleich die Schwebebahn sein.