Kommentar Neues Szenario der CDU/CSU: Kanzler trotz Platz 2?
Meinung · In der Union schwindet offenbar der Glaube, es bei der Bundestagswahl noch auf Platz 1 zu schaffen. Auch wenn nach außen der Kampfgeist gerade wiederentdeckt worden ist.
Zugleich indes beschwören Christdemokraten bereits ein Szenario, in dem es Armin Laschet auch als Unterlegener über Platz 2 ins Kanzleramt schafft – getragen von einer Jamaika-Koalition mit Grünen und FDP. Ist das völlig ausgeschlossen? Nein. Aber es ist sehr unwahrscheinlich.
Warum? Nun, alles deutet darauf hin, dass es eine Mehrheit im Bundestag nur über ein Dreier-Bündnis gibt. Alle realistischen Trios basieren aber auf den klassischen Zweier-Lagern: Schwarz-Gelb oder Rot-Grün. Die vier Spitzenleute haben das in den letzten Tagen noch einmal klargestellt: Laschet und Lindner sehen sich (wie in NRW) als Basispartner, Scholz und Baerbock wollen Rot-Grün. Nun zeigen die Umfragezahlen seit Wochen eines sehr stabil: SPD und Grüne liegen klar vor CDU/CSU und FDP. Und das würde bedeuten: Scholz hat den ersten Zugriff aufs Kanzleramt.
Mal ganz abgesehen davon, dass er bei der „K-Frage“ in der Bevölkerung meilenweit vor Laschet liegt. Wichtiger für ihn und die SPD aber ist, dass die Grünen (als dritte Kraft) das stärkere Zünglein an der Waage sein werden als die FDP auf Rang 4. Da Scholz gewiss nicht mit der Linkspartei koalieren wird, läuft es – wenn das Wahlergebnis einigermaßen dem Stand der Umfragen entspricht – auf eine Ampel hinaus. Denn die ist den Grünen von der Basis bis in die Spitze einfach näher als Jamaika – und dieser Tatsache werden sich auch die Liberalen letztlich nicht entziehen können.
Dass nunmehr ein Markus Söder die FDP auffordert, schon vorab eine Ampel auszuschließen, ist auch dieser Erkenntnis geschuldet. Und natürlich nackter Panik. Zudem ist die Forderung dreist. Andere sollen partout nicht dürfen, was CDU und CSU seit Ewigkeiten praktizieren (mit der SPD regieren) oder jetzt neu anstreben (mit den Grünen koalieren)? Da gewinnt auch der neutrale Beobachter den Eindruck, dass der Union eine Unterbrechung ihres Regierungs-Abos guttun würde.