Wenn die Eltern Hilfe brauchen
Wer seine Verwandten zu Hause pflegt, sollte sich vorher erkundigen. Wir sagen, wo es die besten Tipps gibt.
Düsseldorf. Der Vater erleidet einen Schlaganfall, bei der Großmutter wird Demenz festgestellt. Viele Angehörige erleben die Situation, dass ein Verwandter pflegebedürftig wird. Sie stehen vor der Frage: Heimunterbringung oder Pflege zu Hause?
„Wenn ein Pflegefall in der Familie ist, muss man schauen, wer für die Pflege Zeit hat und wer unterstützen kann. Einer alleine schafft das kaum“, sagt Werner Schell, Pflege-Experte und Vorsitzender des Pro-Pflege-Selbsthilfenetzwerks. Fällt die Entscheidung zugunsten häuslicher Pflege, gibt es einiges zu beachten, aber auch viele Hilfestellungen.
„Ich empfehle die Pflegekassen. Mit denen kann man die Pflege perfekt in Gang bringen“, sagt Schell. Diese müssen ihren Versicherten und damit auch den Angehörigen eine individuelle Pflegeberatung anbieten. Das geht zu Hause.
Der Pflegeberater schaut sich die Situation vor Ort an und berät auch bei der Organisation der Pflege. Hier gibt es Tipps über Pflegedienste oder Hilfe beim Antrag für die Pflegestufe.
Der Antrag auf eine Einteilung des Angehörigen in eine Pflegestufe — wer diese hat, kann Leistungsansprüche gegenüber der Pflegeversicherung geltend machen — soll laut Schell möglichst schnell erfolgen, da ab diesem Zeitpunkt schon Leistungen bezogen werden können.
Ist der Antrag gestellt, begutachtet der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) die Situation und leitet die Ergebnisse an die Pflegekasse weiter. „Der Besuch des MDK muss sehr gut vorbereitet sein. Wichtig ist, im Vorfeld ein Pflegetagebuch zu führen“, sagt Schell.
„Pflege ist keine leichte Geschichte. Viele steigen mit Elan ein und zerbrechen später daran.“ Deshalb rät Schell pflegenden Angehörigen zu einem Pflegekurs. Die Teilnahme ist kostenlos, hier können sich Betroffene wichtige Tipps zum richtigen Umgang mit Pflegebedürftigen holen. Die Schulungen werden von den Pflegekassen, aber auch von vielen Pflegediensten angeboten.
Die Pflegeversicherung bietet viele Angebote zur Unterstützung und Entlastung pflegender Angehöriger an. Pflegedienste können genutzt werden, aber auch die Tages- und Nachtpflege. Es gibt Betreuungsangebote für demente Patienten oder Kuren für Pflegende mit Angehörigen. „Wo es möglich ist, sollte man sich in der Nachbarschaft Hilfe holen“, sagt Schell.
Tritt ein akuter Pflegefall ein, können berufstätige Angehörige bis zu zehn Tage der Arbeit fernbleiben. Eventuell muss beim Arbeitgeber eine ärztliche Bescheinigung über die Pflegebedürftigkeit des Angehörigen vorgelegt werden. „Wer es sich finanziell leisten kann, hat auch einen sechsmonatigen Anspruch auf Arbeitsfreistellung“, sagt Schell. Das gilt allerdings nicht, wenn der Arbeitgeber weniger als 15 Mitarbeiter beschäftigt.
Die Pflegekasse übernimmt bei pflegenden Angehörigen Beitragszahlungen zur Rentenversicherung. Dafür muss der Angehörige mindestens 14 Stunden in der Woche pflegen. Außerdem sind alle Pflegenden über die Gemeindeunfallversicherungen versichert.
Auch wenn die Angehörigen noch nicht pflegebedürftig sind, rät Schell allen Beteiligten, sich rechtzeitig auf eine Pflegesituation einzustellen und Vorsorge zu betreiben. „Man sollte es nicht drauf ankommen lassen. Ein Pflegefall kommt plötzlich. Später ist dann zu spät.“