Myanmar macht Mühe

Als ich beschloss, dass Myanmar auf die Liste meiner Muss-ich-sehen-Länder für die Reise durch Asien gehört, wusste ich nicht viel mehr darüber, als dass es lange Zeit eine Militärdiktatur war und vom Massentourismus noch weitgehend verschont geblieben ist.

Foto: Juliane Kinast

Wie bewegt seine Geschichte tatsächlich ist und wie jung die Geschichte seines steinigen Wegs in die Freiheit, dass habe ich erst hier gelernt. Myanmar hat nicht nur seinen eigenen Namen geändert - hieß es doch lange Zeit Burma -, es hat auch die Städtenamen aus der britischen Kolonialzeit abgewandelt, wie Rangoon in Yangon, immer mal wieder seine Hauptstadt verlegt. Die ersten Wahlen, den ersten Schritt zur Demokratie, gab es erst vor fünf Jahren. Also weltgeschichtlich gesehen vor nicht einmal fünf Minuten. Es ist kein Land, in das man einfach mal so fliegt, den Rucksack aufschnallt und loszieht. Noch immer gibt es viele Regionen, die für Touristen komplett gesperrt sind, ohne Genehmigung der Regierung ist es Ausländern nicht erlaubt, selbst Auto zu fahren. Myanmar macht Mühe. Aber es ist jedes bisschen davon wert!

Foto: Juliane Kinast

Mein Freund und ich fliegen von Bangkok nach Mandalay, das in meiner naiven Vorstellung ein verschlafenes Tempelstädtchen war. Weit gefehlt. Mandalay ist auf den ersten Blick ein Gebilde aus Betonklötzen, wenn auch nicht sehr hoch, Straßenverkehr, der zwar nicht so völlig verrückt ist wie in Bangkok, aber doch wimmelig. Auf den zweiten Blick immerhin gibt es kleine Märkte, viel Kunsthandwerk und Stände an der Straße, die hausgemachtes Essen anbieten. Die Currys in Myanmar sind deutlich milder als in Thailand, oft leider ölig, aber doch lecker. Und zum Hauptgericht werden in der Regel Suppen und schüsselchenweise Beilagen aufgetischt, ohne dass man danach fragt. So schlagen Manuel und ich uns am Rande eines lokalen Marktes den Bauch voll, dazu gibt es Myanmar-Bier, das hier in 640-ml-Flaschen verkauft wird. Als wir zahlen wollen, sind wir ziemlich baff: Zu zweit und inklusive aller Getränke haben wir es nicht einmal auf sieben Euro geschafft.

Foto: Juliane Kinast

Dass Mandalay seinen Ruf als kulturelles Zentrum des Landes nicht zu Unrecht erworben hat, stellen wir am Nachmittag fest, als wir die 1729 Stufen erklimmen, die auf den Mandalay Hill hinaufführen. Die Kuppe nördlich des Palastes ist quasi komplett ein Tempel, weshalb Schuhe auf dem gesamten Berg verboten sind. Die Treppe zum obersten Aussichtspunkt wird immer wieder von Tempeln und kleinen Pagoden unterbrochen. In einer steht eine riesige Buddha-Statue, deren ausgestreckter Arm auf den Palast mit seinen hohen Mauern und dem breiten Graben rundherum deutet. Im Sonnenaufgang treffen sich auf dem Hügel so ziemlich alle Touristen der Stadt - jetzt in der Nebensaison eine mittlere zweistellige Summe - und junge Mönche in roten Gewändern, die die Gelegenheit nutzen, mit den Reisenden ihr Englisch zu üben. Alles hier oben ist hübsch. Am allermeisten der Blick auf die Stadt und ihre grüne Umgebung. Die Fahrt zurück indes mit dem Motorcycle-Taxi - also ohne Helm auf dem Sozius eines klapprigen Motorrades - ist weniger idyllisch.

Foto: Juliane Kinast

Am nächsten Tag wandern wir stundenlang durch die Sehenswürdigkeiten der Stadt - den Palast, der eigentlich ein Nachbau aus den 90ern ist, nachdem der eigentliche Palast im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde; die Tempel und Klöster der Umgebung, darunter Kuthodaw Paya, wo rund um die Hauptpagode Reihen um Reihen weißer Mini-Stupas (buddhistische Bauwerke mit einer Kuppel) stehen, jede mit einem Stein voller buddhistischer Inschriften darin - zusammen das angeblich weltgrößte Buch.

Foto: Juliane Kinast

Der Abend bringt eine willkommene Abwechslung von der Stadt und dem anstrengenden Laufen in der Hitze: Ein Taxi bringt uns zur U-Bein-Bridge, der längsten Teakholz-Fußgängerbrücke der Welt über den Taungthaman Lake, mit 1086 hölzernen Füßen. Hier gibt es von pinken Blüten gesäumte Ufer, Ruderboote, im Sonnenuntergang reiten die Kinder einer Bauernfamilie ihre Büffel von der Feldarbeit nach Hause. Wir sitzen am See, bis es stockdunkel ist, sind wahnsinnig entspannt und uns ganz und gar einig, dass wir Myanmar schon ins Herz geschlossen haben. Und es soll ja noch so viel besser werden.