Der Kollege namens Antje
Der Kollege aus dem Niedersächsischen schien auf mich gewartet zu haben. Obgleich ich mir für unser Wiedersehen kaum etwas Größeres hätte aussuchen können als das Olympiastadion in Berlin. Der Gute ist dem Frauenfußball schon herzlich verbunden gewesen als unsereiner doch eher Sepp Herberger nahe stand.
Der hatte in der Nacht zum Sonntag in irgendeinem Spartensender meines TV-Gerätes verkündet: „Der Fußball an sich ist für Frauen nicht geeignet. Schon weil er ein Kampfsport ist.“ Wohlgemerkt: Der Gute hatte das vor über 50 Jahren gesagt. Herberger — ich füge das für Frauenfußballerinnen an, die sich im Männerfußball nicht so auskennen — lebt ja auch nicht mehr. Und die Zeit hat alle üblen Vorurteile hinweggespült.
Wie kam ich gleich darauf? Ach ja, der Kollege aus dem Niedersächsischen. „Wahnsinn, Kupfer“, schnauft er, „dass ich dich hier treffe.“ Er erinnert mich immer an das Walross Antje, das NDR-Fernsehtier. In Charme und Aussehen. Er raunzt: „Du hast doch gar keine Ahnung vom Frauenfußball.“ Ein infames Vorurteil nenne ich das, ich schnappe nach Luft, präsentiere zahlreiche Sonderhefte, verweise auf alle meine Termine im Vorfeld der WM und die Sondersendung mit Herberger in meinem Fernseher. Und überhaupt: Fußball sei ja nun auch mal Fußball. Das Spiel dauert auch hier 90 Minuten, höre ich mich sagen. Und Herberger sagt das ja auch. Und der täuscht sich — wie ich spätestens seit gestern, aber eigentlich schon ganz lange weiß — nur ganz selten. P.S.: So eine Frauenfußball-WM muss sich ja auch erst mal setzen.