Interview: Lira Bajramaj über Fußball, Siegertypen und den Hype um das Äußere

Mönchengladbach. Zwei goldfarbene WM-Sterne zieren bereits das Trikot der deutschen Fußball-Nationalspielerinnen. In Kürze soll der dritte hinzukommen. Auch Mittelfeld-Ass Lira Bajramaj träumt vom Titel-Hattrick bei der Weltmeisterschaft im eigenen Land.

Im Gespräch mit unserer Zeitung erzählt die 23-Jährige von ihrem Heimatland Kosovo, träumt von einem Endspiel zwischen Deutschland und Brasilien, schwärmt von Gladbachs Jungstar Marco Reus und relativiert den Medienhype um ihr Äußeres. „In unserem Team gibt es viele attraktive Mädels, die etwas ausstrahlen. Viel wichtiger ist, dass wir allesamt Siegertypen sind und das Ziel haben, Weltmeister zu werden.“

Eine knappe Woche noch, dann geht die Fußball-WM der Frauen los. Wie groß ist die Vorfreude?

Lira Bajramaj: Ich kann es kaum erwarten. Nach den vielen Lehrgängen und der langen Vorbereitungszeit wird es nun endlich ernst. Ich habe intensiv gearbeitet und bin topfit. Ich will spielen.

Und wie stehen Ihre Chancen?

Bajramaj: Das wird sich zeigen. Ich werde jedenfalls in den verbleibenden Trainingseinheiten alles daran setzen, um mich für einen Einsatz in der Startelf zu empfehlen. Meine Familie in Mönchengladbach drückt mir fest die Daumen. Sie ist mein großer Rückhalt und wird bei allen Spielen live dabei sein.

Fußball und Fashion werden im Frauenfußball gerne miteinander verknüpft. Was ist denn modisch derzeit angesagt?

Bajramaj: Das weiß ich gar nicht so genau. Privat trage ich das, was mir gefällt, bunt und ein bisschen verrückt darf es ruhig sein. Auf dem Platz sieht das anders aus. Ein Hauch Make-up ja, aber Wimperntusche oder Lidschatten stören nur. Die Fingernägel werden aber schon lackiert; am Sonntagabend gegen Kanada erstmals knallgelb.

Ihr Konterfei ziert in diesen Tagen das Titelbild verschiedener Hochglanzmagazine. Mal dezent, mal schrill spielen Sie Ihre weiblichen Reize aus. Würden Sie sich auch für den Playboy ausziehen, so wie es ein paar Kolleginnen getan haben?

Bajramaj: Es gab mal eine Anfrage, aber das käme für mich nie in Frage. Da könnte man mir noch so viel Geld bieten. Im Übrigen bin ich auch der Meinung, dass um meinen Sexappeal zu viel Aufhebens gemacht wird. Schauen Sie sich doch unser Team an. Da gibt es viele echte Hingucker. Der Star ist die Mannschaft. Wir wollen schön und erfolgreich Fußball spielen und den dritten WM-Titel holen. Das ist unser Ziel. Und ich hoffe, dass die WM noch lange im Gespräch sein wird und die Fans vermehrt zum Frauenfußball gehen.

Aber der Präsident des Weltfußball-Verbandes, der allmächtige Sepp Blatter, träumt beim Frauen-Fußball von knappen Höschen wie beim Beach-Volleyball. Was halten Sie davon?

Bajramaj: Dann soll der FIFA-Boss ruhig weiterträumen. Ich finde unsere Trikots und Hosen schick, durchaus körperbetont und feminin. Ein Gag ist auf jeden Fall die Stickerei im Krageninneren „Blüh im Glanze dieses Glückes“, ist an einer Stelle angebracht. Das soll wohl als Motivationsschub gedacht sein.

Sechs der 16 Mannschafen bei dieser WM werden von Frauen trainiert, eine davon ist Silvia Neid. Wie ist Ihr Verhältnis zur Bundestrainerin?

Bajramaj: Absolut in Ordnung. Sie ist locker, aber auch distanziert und hat einen ausgeprägten Sinn für Loyalität.

Sie stammen aus dem Kosovo, sind als Vierjährige mit Ihrer Familie nach Deutschland ausgewandert und schließlich in Mönchengladbach gelandet. In Ihrem vor zwei Jahren veröffentlichten Buch „Mein Tor zum Leben — vom Flüchtling zur Weltmeisterin“ beschreiben Sie Ihren aufregenden Lebensweg. Wie oft besuchen Sie Ihr Heimatland?

Bajramaj: Mindestens einmal im Jahr. Das ist ein Muss. Im Übrigen habe ich die Entwicklung des Kosovos immer im Blick gehabt, insbesondere die langjährigen schweren Unruhen, das Leid und Elend.

Zurück zum Fußball: Sie tippen auf ein Endspiel zwischen Deutschland und Brasilien, dessen Star Marta die vielleicht außergewöhnlichste Spielerin aller Zeiten ist. Was hat Marta, was Sie nicht haben?

Bajramaj: Marta ist großartig, sie ist die weltbeste Fußballerin. Dynamisch, technisch überragend, torgefährlich. Und sie dribbelt für ihr Leben gern. So eine Show möchte ich auch einmal abziehen. Marta ist mein Vorbild.

Und wer ist Ihr Lieblingsspieler bei Borussia Mönchengladbach?

Bajramaj: Da gibt es zwei: Marco Reus sprüht unglaublich viel Spielfreude aus, und auch bei Torwart Marc-André ter Stegen spürt man Lust und Laune. Das gefällt mir. Der wird mal ein ganz Großer. Ich kenne ihn ein bisschen. Seine Mama macht mir nämlich die Fingernägel. Wann immer ich in Mönchengladbach bin.

Für den WM-Titel gibt es für jede Spielerin als Belohnung 60 000 Euro. Schon eine Vorstellung, was Sie mit dem Geld machen werden?

Bajramaj: Darüber denke ich im Augenblick nicht nach. Ich konzentriere mich mit Haut und Haaren auf das Auftaktspiel gegen Kanada und möchte bei der WM im eigenen Land in eine Führungsrolle hineinwachsen, mich ständig anbieten, mich verbessern. Wir sind bereit: Die Stimmung in der Mannschaft ist super. Wir sind Siegertypen, egal, ob die Fingernägel korallenrot leuchten oder knallgelb.