Almatys kompakte Spiele: Zweifel an Tauglichkeit
Almaty (dpa) - Beim abschließenden Galadinner mit den IOC-Inspektoren fehlte Alexander Winokurow auf der Gästeliste.
Und auch sonst dämmert es den kasachischen Verantwortlichen wohl allmählich, dass einer der größten Dopingsünder im Radsport vielleicht nicht der beste Werbeträger bei der Kandidatur Almatys für die Olympischen Spiele 2022 ist. Auf der offiziellen Homepage taucht der höchst umstrittene Ex-Radprofi und heutige Teamchef des Astana-Rennstalls jedenfalls nicht mehr bei den Almaty-Botschaftern auf.
Der Umgang mit dem Thema Doping war einer von vielen Aspekten, den die Evaluierungskommission des Internationalen Olympischen Komitees bei ihrer fünftägigen Visite der kasachischen Stadt unter die Lupe nahm. Die Außenseiterrolle wurde Almaty im Rennen mit Kontrahent Peking beim IOC-Check wohl kaum los. Es bleiben bis zur Entscheidung am 31. Juli in Kuala Lumpur viele offene Fragen, wie etwa die Menschenrechtssituation im Land oder der Rückhalt durch die Regierung. Aber eine wirkliche Auswahl haben die IOC-Mitglieder ohnehin nicht, auch die Bewerbung Pekings ist problembehaftet. Alle westlichen Kandidaten wie Oslo, Stockholm, Graubünden oder auch München hatten schon im Vorfeld ihre Bemühungen um eine Olympia-Austragung eingestellt.
Überzeugen konnte Almaty mit Bildern. Echte Winterspiele mit echtem Schnee werden propagiert. Die Verantwortlichen werben mit den kompaktesten Spielen der vergangenen 30 Jahre. Alle Sportstätten sollen in einem Radius von 30 Kilometern rund um das Olympische Dorf erreichbar sein, womit die frühere Hauptstadt des Landes das Gegenstück zu Peking ist. Dort sollen etwa die Ski-Wettbewerbe im 190 Kilometer entfernten Zhangjiakou stattfinden. Diesbezüglich dürfte die von IOC-Chef Thomas Bach auf den Weg gebrachte Agenda 2020, die kostengünstigere und nachhaltigere Spiele vorsieht, Almaty in die Karten spielen.
Almaty hat ein kleines Budget angesetzt. Rund 1,8 Milliarden für die Organisation und 1,6 Milliarden für die Infrastruktur wurden angesetzt. Kein Vergleich also zu Sotschi, das 37,5 Milliarden Euro für die Winterspiele verpulvert haben soll. Acht der 14 Sportstätten müssen nur renoviert werden, drei weitere werden ohnehin für die Universiade fertiggestellt. Die Bevölkerung steht zu rund 75 Prozent hinter der Bewerbung, wie eine IOC-Untersuchung ergab.
Zweifel an der Tauglichkeit bleiben jedoch. Kasachstan hat keine allzu große Erfahrung mit Großereignissen. 2011 trug das Land die Asienspiele aus, 2017 findet die Winter-Universiade in Almaty statt. Auch die Regierung hat sich in den letzten Monaten wenig hervorgetan. So hatte sich Präsident Nursultan Nasarbajew nicht gerade als Motor der Bewerbung gezeigt. Beim Meeting mit den IOC-Kontrolleuren ließ er sich ebenso wenig blicken wie Premierminister Karim Massimow, der sogar Chef des Bewerbungskomitees ist.
Gerade die Unterstützung der Staatschefs hatte in der Vergangenheit wie bei Tony Blair (London 2012), Wladimir Putin (Sotschi 2014) oder Shinzo Abe (Tokio 2020) Pluspunkte gebracht. Auch Peking darf sich der Unterstützung von Präsident Xi Jinping sicher sein. „Die Regierung steht zu 100 Prozent hinter der Bewerbung“, teilte Kasachstan Außenminister Jerlan Idrissow mit und stellte alle nötigen Garantien stellvertretend aus.
Auch beim Thema Menschenrechte dürfte Gegenwind aufkommen. Human Rights berichtete jüngst von diversen Verstößen speziell gegen die Presse- und Meinungsfreiheit. Immerhin: Auf diesem Gebiet wird auch Peking nicht punkten können. Trotzdem hat René Fasel, Chef des Eishockey-Weltverbandes, die chinesische Hauptstadt zum klaren Favoriten erklärt.
Vom 24. bis 28. März werden die IOC-Inspektoren Peking einen Besuch abstatten. Danach können sich die beiden Kandidaten nur noch am 9. Juni in Lausanne und am 31. Juli kurz vor der Entscheidung den IOC-Wahlmännern präsentieren. Volksheld Winokurow wird der Delegation wohl eher nicht angehören.